Berlin. .

Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten hat heute einen weiteren Gesetzentwurf für Embryonentests vorgelegt. Darin geht es um eine eingeschränkte Erlaubnis der Präimplantationsdiagnostik (PID). Die Gruppe rechnet mit einer parlamentarischen Mehrheit.

Eine Gruppe von Abgeordneten aus allen Bundestagsfraktionen setzt sich für eine eingeschränkte Erlaubnis der Präimplantationsdiagnostik (PID) ein. Die Befürworter haben sich zuversichtlich geäußert, eine Mehrheit im Bundestag erlangen zu können. Der CDU-Politiker Peter Hintze sagte bei der Vorstellung eines entsprechenden Gesetzentwurfs am Dienstag in Berlin, er rechne in der Unions-Fraktion mit einer starken Unterstützung. Zu den Initiatoren gehören Abgeordnete aus allen fünf Fraktionen. Diese wollen nach Angaben von FDP-Fraktionsvize Ulrike Flach in den nächsten Wochen massiv für ihren Vorschlag werben.

Einer der Initiatoren, der CDU-Politiker Peter Hintze, rechnete bereits im ARD-Morgenmagazin mit einer parlamentarischen Mehrheit für den Vorschlag einer „behutsamen Zulassung“ der umstrittenen PID. Danach soll eine Untersuchung von Embryonen aus künstlicher Befruchtung auf Erbkrankheiten vor der Einpflanzung in die Gebärmutter nur in zwei Fällen erlaubt sein: Wenn die Eltern von einer schweren erblichen Vorbelastung wissen oder wenn eine Tod- oder Fehlgeburt droht. „In beiden Fällen finden wir es die humane Alternative etwa zur Pränataldiagnostik, wo die Untersuchung erst im Mutterleib stattfindet“, sagte Hintze.

Ausnahmeregelung bei schweren Erbschäden

Seine Mitstreiterin, die FDP-Politikerin Ulrike Flach, erläuterte im Deutschlandfunk, grundsätzlich solle die PID verboten werden, daneben solle es aber eine Ausnahmeregelung geben, wenn es in der Familie schwere Erbschäden gebe oder die Gefahr einer Fehlgeburt bestehe. Voraussetzung sei die Zustimmung einer Ethikkommission.

Flach wies darauf hin, dass es ähnliche Gesetze bereits in anderen in europäischen Ländern gebe, beispielsweise in Frankreich. Eine Ethikkommission solle wie dort jeden Fall einzeln entscheiden. Durch die eingeschränkte PID werde Familien unendliches Leid erspart. Es sei „hochethisch“, den Frauen zu ersparen, in die Schwangerschaft zu gehen, wenn Embryonen geschädigt seien.

Zu der Gruppe um Hintze und Flach gehören auch die SPD-Abgeordnete Carola Reimann und Petra Sitte von der Linkspartei sowie Jerzy Montag von den Grünen. In der Online-Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, faz.net, hieß es am Dienstag, auch Familienministerin Kristina Schröder und Sozialministerin Ursula von der Leyen (beide CDU), sowie die SPD-Politiker Edelgard Buhlman und Hubertus Heil unterstützten den Entwurf.

Dritter Entwurf angeblich in Vorbereitung

In der vergangenen Woche hatte ein anderer Kreis von Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen sich auf Eckpunkte für ein umfassendes Verbot der PID verständigt. Ein dritter, ebenfalls fraktionsübergreifender Entwurf soll laut faz.net auf eine stärkere Einschränkung als der Hintze/Flach-Entwurf abzielen. Die PID soll nur legal sein, wenn eine Erkrankung des Kindes zum Tod während der Schwangerschaft oder in den ersten Lebensjahren führen könnte.

Eine gesetzliche Neuregelung ist notwendig geworden, weil der Bundesgerichtshof die PID faktisch zugelassen hat. Die Abstimmung im Bundestag soll ohne den sogenannten Fraktionszwang stattfinden.

Für ein „ausnahmsloses Verbot“ der PID warb der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück. Der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstagausgabe) sagte er: „Es geht hier um eine wirkliche Grundsatzfrage. Bei der PID stellt sich die Frage, welches Leben als erwünscht gelten soll und welches nicht.“

Präimplantationsdiagnostik seit Jahren umstritten

Seit Jahren ist die Präimplantationsdiagnostik politisch, juristisch und moralisch höchst umstritten. Im Ringen um eine Entscheidung über die Zulassung des Verfahrens, bei dem im Reagenzglas erzeugte Embryonen schon vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf mögliche Schäden untersucht werden, formieren sich nun die Gegner und Befürworter im Bundestag.

Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) werden Verfahren der künstlichen Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation) und die Gendiagnostik miteinander kombiniert. Dabei werden zunächst mehrere Eizellen im Reagenzglas künstlich befruchtet. Etwa drei Tage nach der Befruchtung, wenn sich acht Zellen des heranwachsenden Embryos gebildet haben, werden ein bis zwei Zellen entnommen und in einem aufwendigen Verfahren auf ihre Erbanlagen geprüft.

Embryonen werden verworfen

Für die Übertragung in die Gebärmutter der Frau werden schließlich nur diejenigen Embryonen ausgewählt, bei denen bestimmte Chromosomenstörungen oder Mutationen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. Damit soll die Übertragung von Erbkrankheiten wie zum Beispiel Chorea Huntington, eine erbliche Bewegungsstörung, der Bluterkrankheit oder Mukoviszidose verhindert werden. Alle anderen Embryonen werden verworfen und sterben ab.

Entwickelt wurde das Verfahren in Großbritannien. 1990 wurde dort die erste Geburt eines Kindes nach einer solchen Untersuchung bekannt gegeben. Im Januar 2009 kam in Großbritannien auch das erste genetisch „ausgewählte“ Baby ohne Brustkrebsgen zur Welt, nachdem es in der Familie des Vaters über drei Generationen hinweg zu Brustkrebs-Fällen gekommen war. Nach Angaben der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) wurden seit 1999 weltweit rund 4000 Kinder nach einer PID geboren, wobei es sich in bis zu 25 Prozent der Fälle um Mehrlingsschwangerschaften handelte. Eine PID betrifft also nur ganz wenige Menschen. Zudem ist die Geburtenrate nach einer solchen Untersuchung relativ gering.

Gesetzliche Regelung notwendig

Theoretisch können mit der PID nicht nur Erbkrankheiten bestimmt werden, sondern auch andere Behinderungen sowie das Geschlecht eines Embryos oder dessen Eignung als Organ- oder Gewebespender für ein bereits lebendes, erkranktes Geschwisterkind. Dies macht den Umgang mit PID so schwierig.

Im deutschen Embryonenschutzgesetz von 1990 wurde die Präimplantationsdiagnostik noch nicht ausdrücklich geregelt und galt daher als strafbar. Mit einem Urteil vom Juli dieses Jahres hat der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings die Auswahl künstlich befruchteter Eizellen bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Genschäden erlaubt. Deswegen steht nun eine gesetzliche Regelung an. (dapd/afp/rtr)