London. .
Hausarrest deluxe für Julian Assange: Der Wikileaks-Gründer zieht von seiner Londoner Gefängniszelle in ein feudales Landschlösschen, nachdem ihm am Donnerstag gegen Kaution Haftverschonung gewährt wurde.
Julian Assange ist gegen eine Kaution von 200 000 Pfund (236 000 Euro) auf freien Fuß gesetzt worden. Das Auslieferungsersuchen der schwedischen Justiz wegen angeblicher Sexualdelikte ist damit allerdings noch nicht vom Tisch. Er freue sich auf „ein ungewöhnliches Weihnachtsfest“, sagte Vaughan Smith, jener Mann, der in den nächsten Wochen Gastgeber des umstrittenen Wikileaks-Chefs sein wird. Dem Ex-Offizier und Kriegsberichterstatter gehört die schmucke Residenz, in der Arbeitsnomade Assange vorübergehend einen Wohnsitz erhält.
In Ellingham Hall im ostenglischen Suffolk dürfte der Australier sich formidabel erholen – Smiths Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert ist von prächtigen Parks umgeben. In einem der zehn Schlafzimmer wird ein Angestellter der Landadelsfamilie gestern schon mal das Bett für den neuen Mitbewohner bezogen haben: Assange residiert samt Fußfessel mindestens bis zum 11. Januar 2011 in der Villa, wenn die Richter in London erneut über eine Ausweisung nach Schweden tagen.
Mit der Entscheidung, Assange freizulassen, setzte Richter Duncan Ouseley sich über einen Einspruch Schwedens gegen Haftverschonung hinweg. Nach einer Woche voller juristischer Kapriolen drohte die Freilassung dann gestern abermals zu scheitern – diesmal an sehr britischen Bürokratiehürden. Die Kaution über 200 000 Pfund musste beim Gericht in bar hinterlegt werden – kein einfaches Unterfangen in einem Land, in dem große Summen immer noch mit Schecks transferiert werden und es keine Banknoten über 50 Pfund gibt.
Bianca Jagger und Michael Moore griffen ihm unter die Arme
Dass zumindest diese Hürde in Windeseile genommen wurde, verdankt der 39-Jährige einer Riege prominenter Freunde. Menschenrechtsaktivistin Bianca Jagger, Ex-Frau von Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger, griff Assange unter die Arme, ebenso der amerikanische Doku-Filmemacher Michael Moore („Bowling for Columbine“). Schönste Vertreterin des illustren Assange-Fanclubs ist Milliardärstochter Jemima Khan. Die Ex-Freundin von Hugh Grant ist eine feste Größe der Londoner High Society. Sie verteidigte ihr Angebot, die Kaution für Assange zu übernehmen, als selbstverständlich: „Man muss gegen Zensur und Einschüchterung von Regierungen kämpfen.“
Am Nachmittag ging der Krimi in Westminster allerdings noch einmal in eine neue Runde: Die Kaution war da, doch weitere Bürgen, darunter ein Nobelpreisträger, ein Ex-Labour-Minister und eine Professorin, mussten in einem Wettlauf gegen die Zeit auf einer Polizeiwache per Unterschrift versichern, dass sie Schadensersatz für den Fall leisten würden, dass Assange seine Kautionsauflagen brechen sollte.
Er darf Ellingham Hall mit Ausnahme täglicher Besuche bei der Landpolizei in Beccles nicht verlassen. Zeitungen und Emails sind ihm untersagt. Seine Mutter Christine Assange bedankte sich vor dem Gerichtsgebäude bei der Öffentlichkeit, die ihren Sohn unterstützt habe. Auch Anwalt Mark Stephens zeigte sich sichtlich erleichtert, dass sein Mandant „die zutiefst viktorianischen Verhältnisse im Gefängnis Wandsworth“ verlassen darf. Assange hat eine Woche bei ständiger Kameraüberwachung in Einzelhaft verbracht – „eine Strafe“, so Stephens, „die in der Härte nicht einmal bei nachgewiesener Schuld verhängt worden wäre“.