Cancun. .
Im mexikanischen Cancun hat die 16. Weltklimakonferenz begonnen. Trotz gedämpfter Erwartungen an die Konferenz hofft Bundesumweltminister Röttgen auf eine umfassende Lösung im Kampf gegen den Klimawandel.
Im mexikanischen Cancun hat am Montag die 16. Weltklimakonferenz begonnen. Der mexikanische Präsident Felipe Calderon forderte die 15.000 Delegierten bei der Eröffnungszeremonie dazu auf, nationale Interessen zurückzustellen, um den Klimawandel gemeinsam zu bekämpfen. „Die Atmosphäre kennt keine staatliche Souveränität“, sagte Calderon.
Beobachter gehen davon aus, dass nach der gescheiterten Konferenz in Kopenhagen im vergangenen Jahr allenfalls Entscheidungen in Teilbereichen erzielt werden können und am Ende lediglich einzelne Vereinbarungen stehen werden, zum Beispiel in den Bereichen Klimaschutz-Finanzierung, Waldschutz oder Technologietransfer. Mit einem umfassenden, rechtlich verbindlichen Abkommen rechnet kaum noch jemand.
Als maßgeblich im Kampf gegen die Erderwärmung gilt unter den Delegierten die Unterstützung der Entwicklungsländer. So soll auf der zweiwöchigen Weltklimakonferenz auch über einen Transfer umweltfreundlicher Technologie und Hilfszahlungen für arme Länder beraten werden.
Bis Freitag nächster Woche verhandeln im mexikanischen Cancún Vertreter aus 194 Staaten über konkrete Schritte im Kampf gegen den Klimawandel. Gerungen wird immer noch um ein Nachfolgeabkommen für das sogenannte Kyoto-Protokoll, das 1997 beschlossen worden war und dessen erste Verpflichtungsperiode Ende 2012 ausläuft. Nach der gescheiterten Konferenz in Kopenhagen im vergangenen Jahr soll in Cancún nun die Grundlage für ein solches Abkommen gelegt werden. 1997 verständigten sich mehr als 170 Unterzeichnerstaaten darauf, den weltweiten Kohlendioxidausstoß bis 2012 um rund fünf Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. 192 Staaten haben das Protokoll bislang ratifiziert.
Siemens-Chef fordert verbindliche weltweite Klimaschutzziele
Siemens-Chef Peter Löscher hat Fortschritte beim Klimagipfel angemahnt. Es sei wichtig, dass dort konkrete Schritte hin zu „verbindlichen, weltweiten CO2-Zielen“ gemacht würden, sagte er der „Frankfurter Rundschau“. Entscheidend sei, dass der Weg zu diesem Ziel geöffnet bleibe. Löscher zeigte sich trotz der verhaltenen Aussichten optimistisch: In Cancun könne man „durchaus einen Schritt vorankommen“.
Löscher verwies auf die EU, die sich klare Ziele für 2020 gesetzt habe. Hier sollen Energieverbrauch und CO2-Ausstoß um 20 Prozent sinken und der Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent steigen. China habe den Klimaschutz in seinem Fünf-Jahresplan „fest verankert“. Und auch US-Präsident Obama setzte verstärkt auf Umwelttechnologien, etwa auf intelligente Stromnetze und den Ausbau des Schienenverkehrs.
Röttgen setzt auf umfassende Lösung in Cancún
Trotz gedämpfter Erwartungen an die Weltklimakonferenz in Cancún hofft Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf eine umfassende Lösung im Kampf gegen den Klimawandel. „Unsere Verhandlungsposition ist, dass wir ein Paket brauchen“, sagte er am Montag, 29. November, in Berlin. Nur so sei sichergestellt, „dass sich alle bewegen“. Überlegungen zu einer „Klimapolitik der zwei Geschwindigkeiten“ wies Röttgen zurück. SPD und Grüne appellierten hingegen an die Bundesregierung, bei den Verhandlungen eine Vorreiterrolle einzunehmen. Röttgen reisteam Montag nach Mexiko, um an den Verhandlungen teilzunehmen.
Der stellvertretende Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, zeigte sich skeptisch hinsichtlich eines Erfolgs der Konferenz. „Ich denke, das Beste, was aus Cancún herauskommen kann, ist, dass der Prozess weitergeführt wird, und dass hier zumindest eine minimale Bewegung sichtbar bleibt“, sagte Edenhofer.
Roth: „Klimaschutz darf kein Schönwetterthema sein“
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth nannte es in hohem Maße beunruhigend, dass nach dem „Desaster von Kopenhagen“ auch auf der Klimakonferenz in Cancún kein Durchbruch zu erwarten sei. „Klimaschutz darf kein Schönwetterthema sein“, forderte Roth. Deutschland müsse eine Vorreiterrolle einnehmen, auch in der EU. Der klimapolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Hermann Ott, plädierte dafür, das die EU eine Allianz mit den Entwicklungs- und Schwellenländern eingehen solle, möglichst auch mit China. „Die Welt kann jedoch nicht noch einmal zehn Jahre auf Fortschritte im internationalen Klimaschutz warten“, sagte Ott.
Röttgen betonte hingegen, es gebe keine Alternative zum Konsens-Prinzip der Vereinten Nationen. Da es sich um ein globales Problem handele, „ist jede Einladung an die Staatengemeinschaft, dass man sich aufteilt, eigentlich eine Taktik der Atomisierung, die darauf hinausläuft, dass wir die globale Handlungsfähigkeit nicht erreichen werden“. Die EU könne das Problem der Erderwärmung nicht allein mit Unterstützung der Inselstaaten lösen.
SPD verlangt Vorreiterrolle von deutscher Umweltpolitik
Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Matthias Miersch, forderte die Bundesregierung auf, beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle zu spielen. Zuletzt habe Deutschland an Glaubwürdigkeit verloren: Von Hilfszusagen an Entwicklungsländer, die in Kopenhagen gemacht worden seien, seien nur zu zehn Prozent eingehalten worden. Daher sei es nun mitentscheidend für einen Erfolg der Weltklimakonferenz in Cancun, wie Deutschland und Röttgen dort aufträten.
Der Umweltminister versicherte, Deutschland werde seine Zusagen einhalten. Auch im Haushalt 2011 seien 420 Millionen für Klimaschutzmaßnahmen eingeplant.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bezeichnete die Einhaltung der Finanzzusagen als Voraussetzung für den Erfolg der Verhandlungen. Zugleich rief der Bevollmächtigte des Rats der EKD, Prälat Bernhard Felmberg, die Bundesregierung dazu auf, gemeinsam mit den europäischen Partnern auf ein rechtlich-verbindliches Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls hinzuarbeiten. Er verwies darauf, dass Wissenschaftler die Kosten des Klimawandels jetzt schon viel höher ansetzen „als ursprünglich befürchtet“.
In Bonn fand am Montag unterdessen eine internationale Fachkonferenz statt, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit befasste. Srdan Matic, Koordinator für Umwelt und Gesundheit des Regionalbüros für Europa der Weltgesundheitsorganisation (WHO), verwies darauf, dass in Europa während der letzten zwei Jahrzehnte 112.000 Todesfälle aufgrund von Naturkatastrophen gemeldet worden seien. „Der Klimawandel trägt zu einem immer häufigeren Auftreten von Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürreperioden bei, was zu einer zusätzlichen Belastung der Gesundheitssysteme und Gesellschaften führt“, sagte er. (dapd/ap)