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Die Klimaschutzpolitik steht am Scheideweg. Endet der diesjährige Weltklimagipfel im mexikanischen Cancún ohne konkrete Ergebnisse, rechnen Beobachter mit einem Aus der UN-Klimaverhandlungen.

Worum geht es in Cancún?

194 Staaten verhandeln über die Inhalte eines neuen Klimaschutzvertrags. Bislang ist das Kyoto-Protokoll das einzige völkerrechtlich verbindliche Abkommen zum Klimaschutz. Es läuft 2012 aus.

Was wäre die Folge?

Nach 2012 gibt es keine Festlegung, wie der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) vermindert werden soll. Klimaschutz wäre nur noch freiwillig, nicht mehr per Vertrag geregelt. Eine Folge: Die Unsicherheit würde den Emissionshandel in Europa gefährden.

Was brachte das Kyoto-Protokoll?

So gut wie nichts. Das Abkommen hat den Anstieg der weltweiten Emissionen nicht verhindern können. Es klaffen riesige Lücken: Die USA haben es nicht ratifiziert, die boomenden Schwellenländer China und Indien sind nicht an Klimaschutzziele gebunden. Damit sind über 40 Prozent der Emissionen nicht erfasst.

Warum fällt eine Einigung so schwer?

Das Kernproblem: Die Entwicklungsländer fordern, dass sich die Industriestaaten in einem neuen Vertrag zu drastischen CO2-Sparzielen verpflichten, da sie für den Großteil der Emissionen verantwortlich seien. Zudem verlangen sie Milliarden und technische Hilfe für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Die Industriestaaten wiederum fordern von Schwellenländern wie China und Indien sowie von den ärmeren Staaten, ihren Treibhaus-Ausstoß einzuschränken und die Maßnahmen kontrollieren zu lassen. An diesem Gegensatz scheiterte im vergangenen Jahr der Klimagipfel in Kopenhagen.


Was kann der Cancún-Gipfel bringen?

Beobachter erwarten keinen Durchbruch, allenfalls Entscheidungen in Teilbereichen. So könnte sich die Staatengemeinschaft auf milliardenschwere Hilfspakete für den Schutz der Regenwälder einigen. Möglich sind außerdem Einigungen bei Technologie-Kooperationen und bei der langfristigen Finanzierung von Klimaschutz in armen Ländern.

Was bedeutet das konkret für die Bürger in Deutschland?

Klimaschutz wird Energie verteuern und auch gewohnte Lebensstile verändern, egal ob die Verhandlungen in Cancún scheitern oder nicht. In ihrem Energiekonzept hat die Bundesregierung das Ziel gesetzt, dass die Wirtschaft bis Mitte des Jahrhunderts nahezu CO2-frei sein soll. Deutschlands Technologieführerschaft in vielen Bereichen alter und neuer Energien soll Jobs schaffen und sichern. Aber auch die Bürger werden stärker in die Pflicht genommen, etwa durch die vorgeschriebene Wärmedämmung bei Häusern.

Was ist mit den Klima­skeptikern?

Sie profitieren derzeit davon, dass der Weltklimarat nach Fehlern im IPCC-Bericht in einer Glaubwürdigkeitskrise steckt. Parallel zur Cancún-Konferenz richten sie in Berlin eine Veranstaltung aus. Skeptiker haben insofern Recht, dass die Klimaforscher nicht alle Details der globalen Erwärmung verstanden haben. Dass aber der Mensch das Klima aufheizt, gilt als gesichert. So heißt es im Bericht des Weltklimarates IPCC: Es sei „gesicherte Erkenntnis“, dass im weltweiten Durchschnitt menschliches Handeln seit 1750 das Klima erwärmt hat – seit Beginn der Industrialisierung um 0,7 Grad. Das Potenzial für eine weitere Erhöhung um 0,6 Grad befinde sich bereits in der Atmosphäre.