Karlsruhe. .

Die strengen Regeln zum Schutz vor Gentechnik auf den Feldern sind rechtens. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Geklagt hatte das Land Sachsen-Anhalt, das in der Forschung zur grünen Gentechnik führend ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat der grünen Gentechnik in Deutschland sehr enge Grenzen gesetzt. Die Umwelt und das Leben müssten vor den möglichen Gefahren der Gentechnik, die noch nicht völlig erforscht seien, geschützt werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch verkündeten Urteil. Das deutsche Gentechnikgesetz greife daher nicht unzulässig in die Berufsfreiheit von Gentechnik-Landwirten ein.

Damit scheiterte eine Klage der Landesregierung von Sachsen-Anhalt. Sie wollte das Gesetz mit Unterstützung der Agrar-Industrie und des Deutschen Bauernverbands kippen. Ihrer Auffassung nach sind Bauern, die Gen-Pflanzen anbauen, durch die geltende Regelung zu großen Haftungsrisiken ausgesetzt.

Das 2008 verabschiedete Gentechnikgesetz schreibt unter anderem 150 Meter breite Schutzzonen zwischen Feldern mit sogenannten transgenen Pflanzen und herkömmlich bestellten Äckern vor. Zum ökologischen Landbau müssen gar 300 Meter Distanz eingehalten werden. Überdies müssen Felder, auf welchen Gentechnik zum Einsatz kommt, in ein Standortregister eingetragen werden. Damit können Verunreinigungen herkömmlich angebauter Felder zur Quelle zurückverfolgt werden. Gentechnik-Bauern sollen so für die mögliche Verunreinigung von Lebensmitteln haftbar gemacht werden können.

„Besondere Sorgfaltspflicht“

Die Verfassungshüter verwiesen zur Begründung des Urteils auf den Schutz des Gemeinwohls vor den Gefahren der Gentechnik. Sie verändere das Erbgut von Pflanzen und greife damit „in die elementaren Strukturen des Lebens ein“. Die Folgen solcher Eingriffe ließen sich, „wenn überhaupt, nur schwer wieder rückgängig machen“.

Zudem treffe den Gesetzgeber bei der Beurteilung des Gentechnik-Einsatzes „eine besondere Sorgfaltspflicht“. Über den Schutz des Gemeinwohls hinaus müsse er „in Verantwortung für die künftigen Generationen“ die natürlichen Lebensgrundlagen schützen. Dazu „gehören auch die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Sicherung eines artgerechten Lebens bedrohter Tier- und Pflanzenarten“, betonte das Gericht.

Laut Urteil dient das neue Standortregister auch „dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt“. Verursacher von Auskreuzungen transgener Pflanzen könnten damit herausgefunden und für Schäden haftbar gemacht werden.

„Guter Tag für Verbraucher und Umwelt“

Der Staatssekretär Robert Kloos aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium begrüßte das Urteil in Karlsruhe. Zwar sei Deutschland nun als Anbaustandort für gentechnisch veränderte Pflanzen geschwächt. Es sei aber ein „guter Tag, für die Verbraucher und die Umwelt“. Laut Kloos ist nun eine Verordnung geplant, die den Ländern eine Regelung der Abstände zwischen herkömmlich bestellten Feldern und solchen mit Gentech-Pflanzen überlassen soll. Im Kern dürfte sich an den Regeln aber nur wenig ändern, weil in den Länder-Regelungen die strenge Haftungsregelung für Gentech-Bauern weiter erhalten bleiben muss.

Der Deutsche Bauernverband, dessen Mitglieder über Pro und Contra der Gentechnik uneins sind, kritisierte das Urteil. Wegen der anhaltenden und nicht versicherbaren Haftungsrisiken könne Landwirten der Anbau von transgenen Pflanzen weiter nicht empfohlen werden, erklärte der Verband. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die vor allem gentechnik-kritische Bauern versammelt, begrüßte dagegen das Urteil. (afp)