Berlin. .
Sie gehören in der Berufswelt schon lange zum Arbeitsalltag. In drei von vier deutschen Haushalten stehen Computer. Nur in deutschen Schulen gehören sie noch nicht selbstverständlich zum Arbeitswerkzeug.
Computer sind im täglichen Schulunterricht noch nicht selbstverständlich. „Die Geräte fristen allzu oft ein Mauerblümchendasein und werden nur für einfachste Anwendungen verwandt“, sagte der Präsident des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom), August-Wilhelm Scheer, in Berlin bei der Präsentation einer Umfrage unter 500 Schülern von 14 bis 19 Jahren. Demnach kommt der PC bei 43 Prozent der Schüler im Unterricht entweder gar nicht oder weniger als einmal wöchentlich zum Einsatz. Der Bitkom fordert ein „Ende der Kreidezeit“.
44 Prozent der Schüler glauben, dass viele Lehrer einfach kein Interesse daran haben, neue Medien einzusetzen. „Das hat mich am meisten gestört an den Ergebnissen der Umfrage“, sagte Scheer. Erst 15 Prozent der Schüler nutzen den Computer täglich in der Schule und 41 Prozent mindestens einmal pro Woche. 38 Prozent bekommen laut Bitkom einen PC in der Schule höchstens alle zwei Wochen zu Gesicht und fünf Prozent nie. Zwischen Hauptschule, Realschule und Gymnasium gibt es kaum Unterschiede, und im Vergleich zum Jahr 2007 hat sich „leider kaum etwas verändert“, wie Scheer erklärte.
Immer noch isolierte Räume
Fast alle Jugendlichen (99 Prozent) nutzen zu Hause oder unterwegs das Internet, und drei von vier Schülern machen Hausaufgaben regelmäßig am PC. „Die Schulen drohen sich immer weiter von der Lebenswirklichkeit ihrer Schüler zu entfernen“, sagte der Bitkom-Präsident. 84 Prozent der Schüler wünschen sich der Bitkom-Umfrage zufolge, dass elektronische Medien im Unterricht eingesetzt werden. Die meisten Lehrer benutzen jedoch nach wie vor Kreidetafeln, Kassettenrekorder und Plattenspieler im Unterricht.
Das führe zu Frustration bei den Schülern, hieß es. Dabei verfüge heute praktisch jede Schule in Deutschland über Computer und Internetzugang. Doch die Regel seien immer noch isolierte Computerräume, die nur für bestimmte Lerneinheiten oder den Informatik-Unterricht genutzt werden, bemängelt der Verband. Laptop-Klassen gebe es bisher nur vereinzelt.
88 Prozent der befragten Schüler gaben an, dass Computer im Unterricht zu Internet-Recherchen verwendet werden. Der zweithäufigste Einsatzzweck seien Präsentationen von Inhalten. Nur 43 Prozent der Schüler nutzen spezielle Lernprogramme. „Immerhin ein Drittel der Schüler programmiert, und ein Fünftel gestaltet selbstständig Webseiten“, hebt der Bitkom hervor.
Whiteboard statt Kreidetafel
Nach Ansicht des Bundesverbands sollten alle Klassenräume mit interaktiven Tafeln (Whiteboards) ausgerüstet und eBooks, Laptops und Tablet-PCs verstärkt eingesetzt werden. „Weg mit den schweren Tornistern!“, forderte Scheer.
In drei Bundesländern (Sachsen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern) ist Informatik Pflichtfach in der Schule. In den übrigen Ländern sei die Einführung überfällig, meint der Bitkom. Der Arbeitsmarkt verlange zunehmend nach speziellen PC-Kompetenzen. Nach der Umfrage nehmen bisher 59 Prozent der Schüler am Informatik-Unterricht teil. Das sind sieben Prozentpunkte mehr als bei der gleichen Umfrage vor drei Jahren.
Die Branche der Informationswirtschaft, Telekommunikation und neuen Medien leidet nach eigenen Angaben stark unter Fachkräftemangel. Der Bitkom fordert, dass die Fächer Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften ein Drittel des gesamten Unterrichts ausmachen. „Wir sind ein Ingenieur-Land“, sagte Scheer. 71 Prozent der männlichen Schüler, aber nur 43 Prozent der Schülerinnen streben laut Umfrage einen technischen oder naturwissenschaftlichen Beruf an. Nur 15 Prozent der Mädchen, aber mehr als doppelt so viele Jungen können sich einen Beruf in der Informationstechnologie oder Ingenieurswissenschaft vorstellen. Bitkom-Präsident Scheer sprach sich dafür aus, das Interesse der Mädchen zu fördern. Dabei sei auch die Einführung von Mädchenklassen denkbar. (dapd)