Görlitz. .

Die Polizei hat die Geiselnahme im Gefängnis in Görlitz am Abend beendet. Ein Insasse hatte einen Mitgefangenen mit einem spitzen Gegenstand bedroht. Der polnische Geiselnehmer wollte seine Abschiebung verhindern, was ihm nun auch gelungen ist.

Die Polizei hat die Geiselnahme im Gefängnis in Görlitz am Mittwochabend beendet. Das Spezialeinsatzkommando der Polizei habe gegen 19.40 Uhr die Geisel unverletzt aus der Gewalt des Täters befreit, sagte der Sprecher des sächsischen Justizministeriums, Till Pietzcker der Nachrichtenagentur dapd. Dabei sei der Geiselnehmer verletzt worden, sagte Gefängnisleiter Frank Hiekel. Der 54-jährigen Geisel gehe es „den Umständen entsprechend“. Täter und Opfer seien ärztlich betreut worden.

Ein Polizeisprecher sagte, der 33 Jahre alte Täter habe am frühen Mittwochnachmittag in einem Gebäude der Anstalt einen anderen Gefangenen mit einem spitzen Gegenstand bedroht und sich in einem Zellentrakt verbarrikadiert. Bei dem Täter handle es sich um einen Strafgefangenen aus Polen. Das Opfer sei ein Landsmann. Die Polizei habe alles daran gesetzt, die Geisel unversehrt zu befreien.

Abschiebung tatsächlich verhindert

Hiekel sagte, der Täter sei wegen Totschlags verurteilt gewesen und habe nach Polen ausgeliefert werden sollen. Er sei erst wenige Stunden zuvor aus Bayern nach Görlitz gebracht worden. Mit der Geiselnahme habe er die Abschiebung nach Polen verhindern wollen. Außerdem habe er mit seiner Anwältin gesprochen. Ein Polizeisprecher sagte, die Spezialisten der Verhandlungsgruppe des Landeskriminalamtes hätten in Kontakt mit dem Mann gestanden und seien von einem Bediensteten der Anstalt unterstützt worden. Nach Augenzeugenberichten riegelten Polizeibeamte die Zufahrt zur Anstalt in der Görlitzer Innenstadt ab.

Hiekel sagte, der Täter werde nun tatsächlich nicht nach Polen abgeschoben. Da er in Deutschland eine Geisel genommen habe, werde er deswegen in der Bundesrepublik vor Gericht gestellt und müsse die Strafe dafür in Deutschland verbüßen.

194 Männer im Gefängnis

Derzeit sitzen laut Justizministerium in der JVA Görlitz 194 Männer in dem Gefängnis ein. Sie verbüßen in der Regel kurze Strafen. In der Anstalt befinden sich außerdem ausländische Straftäter in Abschiebehaft. Diese müssen sich den Angaben zufolge zum Teil auch wegen schwerwiegender Straftaten verantworten.

Zuletzt hatte sich vor fünf Jahren in Dresden eine Geiselnahme in einem Gefängnis ereignet. Damals hatte ein 38-jähriger Häftling einen Geistlichen mit einem Messer in seine Gewalt gebracht. Der Mann gab nach wenigen Stunden auf.

Bereits mehrere Geiselnahmen in Bautzen

In drei weiteren Fällen war das Gefängnis in Bautzen Tatort: Ende 1999 hatte dort ein 40-jähriger Häftling einen Wärter 18 Stunden lang in seiner Gewalt, bis er von der Polizei überwältigt wurde. Im Juni 2000 konnte ein 28-Jähriger nach zwei Stunden zur Aufgabe gezwungen werden, der einen Justizbeamten als Geisel genommen hatte. Im Oktober 2000 verbarrikadierte sich ein 27-Jähriger in dem dortigen Gefängnis mit einer Sozialarbeiterin, bevor er nach zwölf Stunden aufgab. In der JVA Leipzig nahmen 1996 zwei Strafgefangene einen Beamten als Geisel. Sie forderten mit einer Bombenattrappe die Herausgabe der Schlüssel, einen Fluchtwagen und Bargeld. Sie konnten von der Polizei überwältigt werden. (dapd)