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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will, dass Kommunen ihre eigene Einkommenssteuer erheben dürfen. Der Gemeindebund ist dafür, verschuldete Städte befürchten dagegen einen „ruinösen Wettbewerb“ der Kommunen.
Arbeitnehmer in verschiedenen Kommunen könnten künftig unterschiedlich hohe Steuern zahlen, obwohl sie das gleiche Gehalt erhalten. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, sollen die Städte und Gemeinden künftig einen Zuschlag auf die Einkommenssteuer erheben dürfen. Dies sieht ein Konzept von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor. Wie hoch die kommunale Einkommenssteuer im Einzelnen ausfallen soll, sollen die Kommunen demnach selbst bestimmen können, allerdings nur in einer vorgegebenen Bandbreite.
Christian Ude, Vizepräsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von München, wendet sich strikt gegen Schäubles Konzept. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hält Ude den Vorschlag für fatal, weil er Städte in Finanznot zu Steuererhöhungen zwingen würde. Damit aber würden sie für Besserverdienende noch unattraktiver.
„Diese Gefahr ist schon jetzt mit der Gewerbesteuer gegeben“, entgegnet Martin Lehrer vom Städte- und Gemeindebund in Nordrhein-Westfalen. Zudem hätten die Kommunen in NRW noch immer mit dem „unseligen Vorschlag der vergangenen Landesregierung“ zu kämpfen, die Gebühren für die Kinderbetreuung nun selber bestimmen zu können. Kommunen, die wegen einer schlechteren Finanzlage Gebühren erhöben, würden dadurch unattraktiver gegenüber Städten wie etwa Düsseldorf, die einen beitragsfreien Besuch einer Kindertagesstätte ermöglichten.
Kämmerer befürchten Abwanderung
Schäubles Konzept einer kommunalen Einkommenssteuer hält Lehrer für „grundsätzlich sinnvoll - aber nur als Ergänzung zur Gewerbesteuer.“ Damit nimmt Lehrer Bezug auf ursprüngliche Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Schäuble will laut „Süddeutscher Zeitung“ von diesem Vorhaben wieder abrücken, falls die Kommunen im Gegenzug sein Einkommenssteuer-Modell billigen.
Georg Lunemann, Kämmerer der Stadt Gelsenkirchen, erkennt dagegen in diesem Modell erhebliche Risiken für ohnehin schon hoch verschuldete Kommunen - so wie etwa Gelsenkirchen. „Wenn man diese Kommunen in die Verlegenheit bringen würde, ihre Einkommenssteuerzahler noch höher zu besteuern, läuft man Gefahr, dass diese Steuerzahler in die so genannten ‘Speckgürtel’ vertrieben werden“, verdeutlicht der CDU-Politiker. „Für Kommunen in einer Haushalts-Notlage kann das fatale Folgen haben.“
Auch Duisburgs Kämmerer Peter Langner (SPD) sieht Schäubles Vorstoß kritisch: „Dieses Modell wird womöglich zu einem ruinösen Wettbewerb zwischen den Städten um steuerlich leistungsfähige Bürger führen.“ Womöglich würden auch die Kommunalaufsichten hoch verschuldete Städte und Gemeinden dazu drängen, ihre Einkommenssteuersätze anzuheben. „Dadurch könnten reine Wohnstädte, die keine Industrie in der Stadt haben und alles für die Bürger hübsch und nett machen können, in einen erheblichen Vorteil geraten“, bemängelt Langner.
Kommunen begrüßen mögliche Entlastung
Das Modell Schäubles sieht eine zweigeteilte Einkommenssteuer vor. Einen Teil würden die Kommunen, den anderen Teil weiterhin Bund und Länder festlegen. Dadurch würde zunächst der Steuersatz für den Bund-Länder-Anteil sinken, so etwa der Spitzensteuersatz von 42 auf 35,7 Prozent und der Eingangssteuersatz von 14 auf 11,9 Prozent.
Außerdem möchte der Bundesfinanzminister den Kommunen bei ihren hohen Sozialausgaben entgegenkommen. Beispielsweise könne der Bund die Grundsicherung im Alter künftig vollständig finanzieren. Auch dieser Vorschlag stößt beim Städte- und Gemeindebund in NRW auf Gegenliebe. „Das halten wir sogar für dringend geboten“, bekräftigt Verbandssprecher Martin Lehrer: „Denn gerade die steigenden Sozialausgaben haben die Kommunen so tief in die finanzielle Misere geführt.“
Die Kämmerer aus Gelsenkirchen und Duisburg schließen sich dem Lob an: „Das ist ein sehr positives und wichtiges Signal“, findet etwa Georg Lunemann. Sein Duisburger Kollege Peter Langner spricht von einer „erfreulichen Wendung, die der Bund da nimmt.“ Beide sehen für den Bund sehr großen Handlungsbedarf bei der Übernahme der Sozialausgaben. Finanzielle Entlastung bräuchten die Kommunen beispielsweise auch bei der Eingliederungshilfe für Behinderte sowie den Kosten für die Unterkünfte von Arbeitslosen. „Der Bund sollte hier stärker nach dem Prinzip handeln: ‘Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch’“, unterstreicht Langner.