Berlin. .
Endlich soll Geld in die leeren Kassen kommen: Bund, Länder und Gemeinden können sich bis 2012 auf zusätzliche Einnahmen von 61,2 Milliarden Euro freuen. Das heizt die Debatte über Entlastungen neu an.
Der Aufschwung spült der öffentlichen Hand in den nächsten Jahren kräftige Mehreinnahmen in die Kassen. Bund, Länder und Gemeinden werden nach der am Donnerstag veröffentlichten Steuerschätzung bis 2012 voraussichtlich 61 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als bisher erwartet. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wertete das Ergebnis als Bestätigung für den finanzpolitischen Kurs der Regierung. Die erwarteten Mehreinnahmen fachten die Debatte über Entlastungen neu an. Während vor allem Wirtschaftspolitiker von Union und FDP auf eine Entlastung von Bürgern und Wirtschaft ab 2012 pochen, warnen die Haushaltspolitiker vor der hohen Staatsverschuldung, die noch immer nicht im gebändigt sei.
Das Ergebnis der Steuerschätzung dient als Grundlage für die Aufstellung der öffentlichen Haushalte. Dem Arbeitskreis gehören Experten von Bund, Ländern und Gemeinden sowie der Bundesbank und von Wirtschaftsforschungsinstituten an. Trotz der prognostizierten Mehreinnahmen entsteht nach Angaben des Bundesfinanzministeriums daraus keiner neuer Finanzierungsspielraum. „Die Bundesregierung wird auch im Aufschwung entschlossen am Konsolidierungskurs festhalten.“
Merkel: Haushaltskonsolidierung bleibt erste Aufgabe
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sagt, zwar habe die Koalition gemeinsam die Priorität gesetzt, den Haushalt zu konsolidieren. „Aber wir wollen auch den Freiraum schaffen, dass wir steuerlich die Mitte entlasten“, ergänzte der Minister. Er gehe fest davon aus, „dass wir noch in dieser Legislaturperiode entsprechende Schritte gemeinsam in der Koalition einleiten“.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verwies auf die hohen Schuldenberge: „Also heißt die erste Aufgabe Haushaltskonsolidierung“, betonte die CDU-Vorsitzende in Reutlingen. Zudem wolle die Koalition Steuervereinfachung auf den Weg bringen. Da werde der Bund einen Beitrag zu einer gewissen Entlastung leisten können. Sollte sich Spielräume ergeben, müssten die kommunalen Finanzen angegangen werden, die auch in einer sehr schwierigen Situation seien. Entsprechend warnte die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth, ihr verband sehe wegen der eigenen Finanznot absolut keinen Spielraum für Steuersenkungen, die die Kommunen zusätzlich belasteten.
Wirtschaft fordert Entlastungen
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt mahnte die Regierung, am Konsolidierungskurs festzuhalten und die Schulden schneller abzubauen. Zudem seien weitere Sparanstrengungen nötig. Das Handwerk plädierte für die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und für Zukunftsinvestitionen in Bildung. Zudem müsse die Regierung an ihrem Ziel festhalten, „noch in dieser Legislaturperiode mit der Abflachung des Einkommensteuertarifs im unteren und mittleren Einkommensbereich zu beginnen“, forderte Verbandspräsident Otto Kentzler.
Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hingegen sollte die Regierung die Mehreinnahmen für Korrekturen am Sparpaket zu nutzen. Sie müsse die Streichung des Heizkostenzuschusses, die Kürzung des Elterngeldes und die Streichung des Zuschusses zur Rentenversicherung von Hartz-IV-Beziehern zurücknehmen, forderte DGB-Chef Michael Sommer.
Für das laufende Jahr gehen die Experten davon aus, dass der Gesamtstaat 15,2 Milliarden Euro mehr Steuern einnimmt als bisher geschätzt. Im Jahr 2011 erwarten sie ein Plus von 22,4 Milliarden Euro und 2012 von 23,4 Milliarden Euro. Der Bund kann sich demnach über Mehreinnahmen von insgesamt gut 24 Milliarden Euro freuen, die Länder über ein Plus von knapp 23 Milliarden. Die finanzschwachen Kommunen dürften bis 2012 immerhin noch gut 14 Milliarden Euro mehr in der Kasse haben als bisher gedacht.
Der Löwenanteil der erwarteten Mehreinnahmen geht auf die besseren Geschäftsaussichten der heimischen Wirtschaft zurück. Die Bundesregierung hatte kürzlich ihre Konjunkturprognose für das dieses Jahr kräftig erhöht: auf 3,4 Prozent von zuvor 1,4 Prozent. (dapd)