Berlin. .

Weil Budgets ausgereizt seien, würden nur noch Notfälle behandelt, warnt die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung. Vor Ort wird eher beruhigt.

Den Dauerstreit zwischen Zahnärzten und Bundesregierung über die Honorare könnten zum Jahresende auch Patienten zu spüren bekommen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) warnte am Dienstag, nicht unbedingt notwendige Behan­dlungen könnten ins neue Jahr verschoben werden, da die Budgets einiger Krankenkassen für die Zahnärzte bereits aufgebraucht seien. Be­sonders betroffen seien AOK-Mitglieder und die Innungskassen, sagte KZBV-Chef Jürgen Fedderwitz. Auch der für die Selbstbeteiligung wichtige Eintrag für Vorsorgeuntersuchungen im Bonusheft sei mitunter nur noch schwer zu bekommen, heißt es aus der Berliner Zentrale.

Dagegen bemühen sich die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) vor Ort eher um eine Beruhigung der via „Bild“-Zeitung verbreiteten Warnung. Wer Schmerzen habe, bekomme ohnehin sofort einen Termin, heißt es überall. Doch auch sonst werde kein Patient weggeschickt, heißt es sowohl am Nordrhein als auch in Westfalen-Lippe.

„Die Honorarverluste sind schmerzlich“

Doch auch am Nordrhein beklagen die Zahnärzte Einbußen durch nicht mehr vergütete Behandlungen. „Die Honorarverluste sind schmerzlich“, sagt KZV-Sprecher Uwe Neddermeyer, der von einem niedrigen zweistelligen Millionenbetrag spricht. Dennoch werde kein Patient in die Warteschleife geschickt. Denn Ärzte und AOK haben sich darauf geeinigt, dass beide Seiten etwa die Hälfte des Fehlbetrages übernehmen.

„Auch in Westfalen-Lippe gibt es etliche Kassen, wo das Budget überschritten wird“, beklagt der dortige KZV-Sprecher Manfred Sietz. Nach seinen Angaben fehlen zwischen fünf und zehn Millionen Euro. Ein internes Verrechnungssystem sorge aber dafür, dass auch Patienten von Kassen behandelt werden, deren Etat bereits ausgeschöpft worden sei. „Wenn überhaupt Termine verschoben werden, dann weil sie knapp sind“, sagt Sietz.

Die Struktur der Versicherten hat sich verändert

Oft kommen zum Jahresende viele Patienten in die Praxen, weil sie sonst den Anspruch auf einen Bonus bei der Zuzahlung verlieren.

Hintergrund des Ärztestreiks sind die Honorarbudgets. Für jede Krankenkasse wurden in den 90er-Jahren die durchschnittlichen Behandlungskosten ermittelt. Der Wert dient als Basis für die Vergütung der Zahnärzte, die allerdings jährlich in jedem Bundesland angepasst wird. Nun hat sich teilweise die Struktur der Versicherten geändert. Das gilt insbesondere für die AOK, für deren Mitglieder heute mehr und kostenintensive Zahnbehandlungen fällig werden. Ist der Etat aufgebraucht, arbeiten die Dentisten für den Rest des Jahres umsonst. Laut KZBV wurden 2008 rund 1,7 Millionen Patienten ohne Vergütung behandelt. Das verlorene Honorar beziffert der Verband auf 150 Millionen Euro.

Für die Verteilung der Gelder unter den Zahnärzten sind aber nicht die Kassen, sondern die KZVen zuständig. Und die wissen vorher, wie viel Geld für das gesamte Jahr vorhanden ist. Deshalb dreht der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die Argumentation um: „Es kann nicht sein, dass Zahnärzte ihre internen Verteilungsprobleme auf dem Rücken der Patienten austragen.“

Druck auf die Politik

Auch das Bundesgesundheitsministerium reagierte ver­ärgert: „Alle Kassenzahnärzte sind verpflichtet, ihre Patientinnen und Patienten umfassend zu behandeln“, sagte Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr (FDP). Der Politiker rät, der Krankenkasse oder dem Sozialministerium verweigernde Ärzte zu nennen. Die Versicherten hätten einen Anspruch auf alle notwendigen Leistungen.

AOK-Sprecher Udo Barske hält die Drohungen der Ärzteschaft für ein Mittel, politischen Druck für eine Reform ihrer Vergütung zu erzeugen. Es sei üblich, dass im November bereits Termine für den Januar vergeben werden. „Die Zahnärzte bohren wie zuvor.“