Brüssel. .

Terror und Cyber-Angriffe: Die Nato steht vor neuen Bedrohungen. Beim Nato-Gipfel im November wollen die Regierungschefs Nägel mit Köpfen machen. Ihre Außen- und Verteidigungsminister wollen das möglich machen.

Fünf Wochen vor dem Nato-Gipfel von Lissabon sind die Vorarbeiten für die künftige Aufgabenbeschreibung des Bündnisses weit gediehen. Die Raketenabwehr, das Verhältnis zu Russland, das Nebeneinander von Verteidigung und Vorbeugung, die Notwendigkeit zur Abrüstung – über all das haben die 28 Verbündeten ein beachtliches Maß an Einmütigkeit erzielt. Meinungsverschiedenheiten gibt es aber über das Mindestmaß an Atomwaffen und bei der Frage, wo im Apparat der Allianz gespart werden kann.

Die Fortschritte sind am markantesten beim Thema Raketenabwehr. US-Präsident Bush hatte das Projekt seinerzeit ohne Rücksicht auf die Allianz betrieben und den Schild in Europa nur mit Hilfe der Polen und Tschechen installieren wollen. Deutschland zählte zu den strammsten Kritikern. Jetzt stellte sich die Bundesregierung erstmals öffentlich hinter das Projekt der US-Regierung, das der Abwehr iranischer Mittelstreckenraketen dienen soll. Die Sache soll als Unternehmung des gesamten Bündnisses aufgezogen werden, wenn’s geht unter Beteiligung Russlands. Präsident Medwedew ist zum Gipfel in Lissabon eingeladen. Nur Frankreich sperrt sich noch und machte seine Vorbehalte geltend: Das System sei „ineffektiv”.

Kurzstreckenraketen überflüssig machen

Die Franzosen sind nervös wegen des Fernziels „atomare Null-Lösung”, das US-Präsident Barack Obama ausgegeben hat. Sie wollen ihre Atomwaffen keinesfalls zur Disposition stellen – auch nicht, wenn in einem Jahrzehnt ein funktionstüchtiger Schirm Europa gegen Raketen schützen sollte. Bundesaußenminister Westerwelle (FDP) will auf diesem Wege die restlichen atomaren Kurzstrecken-Raketen überflüssig machen, Paris möchte umgekehrt eine Bestandsgarantie. Wie viel der Raketenschirm kosten mag, will derzeit keiner sagen. „Dass wir uns vor Raketenangriffen – von wem auch immer – schützen müssen, ist klar”, sagte Westerwelle, „aber nicht mehr mit nationalen Alleingängen.”

Doch es kommen längst neue Aufgaben auf die Nato zu – die Bekämpfung von Terroristen, Piraten und Cyber-Kriegern, sowie die Sicherung der Energie-Versorgung. Nato-Generalsekretär Rasmussen plädiert deshalb für eine „moderne Verteidigung gegen moderne Bedrohungen“. Eine Ausdehnung des Bündnisfalles auf Cyberangriffe lehnte Außenminister Westerwelle allerdings strikt ab.