Islamabad. .
Bei einem US-Raktenangriff in Pakistan sind offenbar acht Islamisten deutscher Nationalität getötet worden. Zuvor hatten US-Medien über Anschlagspläne in Europa berichtet.
Vermutlich bei einem US-Raketenangriff sind nach Angaben von Vertretern des pakistanischen Geheimdienstes acht deutsche Islamisten im Nordwesten des Landes getötet worden. Sie seien beim Einschlag zweier von einer Drohne abgefeuerten Raketen umgekommen, hieß es am Montag. Ziel des Angriffs sei eine Moschee in Mirali in Nord-Waziristan gewesen.
Das Auswärtige Amt erklärte am Abend, der Meldung nachzugehen. Das Innenministerium war zunächst nicht zu erreichen.“Die Menschen hatten sich zum Gebet versammelt, als die Raketen einschlugen“, schilderte ein Bewohner den Angriff. Die Einschlagstelle sei später von Aufständischen abgeriegelt worden.
Seit Tagen hatte es zuvor US-Meldungen gegeben, wonach islamische Terroristen, die aus Pakistan heraus operierten, Anschläge auf prominente Ziele in Europa, darunter auch in Berlin geplant hätten. Dort stünden der Hauptbahnhof, der Fernsehturm und das Hotel Adlon auf einer Liste möglicher Ziele, berichtete der Sender Foxnews unter Berufung auf Geheimdienstkreise. In Paris hätten die Terroristen den Eiffelturm und die Kathedrale Notre Dame ins Visier genommen, meldete der Sender weiter. Nach Informationen des US-Senders CNN steckt eine Gruppe Islamisten aus Hamburg hinter Al-Kaida-Plänen, koordinierte Anschläge auf europäische Städte zu verüben. Die deutsche Regierung wollte dennoch höchsten eine „abstrakte“, jedoch keine konkrete Gefährdungslage erkennen. Demnach liegen bereits seit Frühjahr 2009 Hinweise vor, dass El-Kaida längerfristig Anschläge in den USA, in Europa und auch in Deutschland plane. „Diese Hinweise ergeben sich aus nachrichtendienstlichem Aufkommen“, sagte Innenminister Thomas de Maizière. Sie würden „mit der gebotenen Intensität“ und Sensibilität bewertet.
Informationen angeblich von einem Deutsch-Pakistaner
Die Informationen über die Anschlagspläne kommen dem US-Sender Fox zufolge von einem Deutsch-Pakistaner, der in einem Gefängnis in der US-Luftwaffenbasis Bagram in Afghanistan verhört werde. Nach Angaben aus Geheimdienstkreisen habe ein Deutscher afghanischer Abstammung Anfang 2009 gemeinsam mit zehn weiteren Personen, darunter zwei Frauen, Hamburg verlassen, berichtete der Sender CNN. Die Gruppe sei ins Stammesgebiet von Pakistan gegangen. Die meisten hätten sich einer Gruppe Dschihadisten - der Islamischen Bewegung Usbekistans (IMU) - angeschlossen, die gegen die Truppen der USA und deren Verbündete in Afghanistan kämpften.
Der Verdächtige habe US-Ermittlern gesagt, dass mindestens ein Mitglied der Gruppe aus Hamburg aktiv an der Ausführung der Anschläge beteiligt sei. Die anderen hätten bei der Planung geholfen. Der Verdächtige kooperiere mit den US-Behörden, berichtete CNN unter Berufung auf deutsche Geheimdienstkreise weiter. Jeden Tag liefere er „ein neues Stück des Puzzles“. Die deutschen Behörden erhielten allerdings erst in den nächsten Tagen Zugang zu dem Mann.
Freund Mohammed Attas soll an Anschlagsplänen beteiligt sein
Die Gruppe aus Hamburg komme aus dem Umfeld der Taiba-Moschee in Hamburg. In den 90er Jahren war der Anführer der Terroristen vom 11. September 2001, Mohammed Atta, regelmäßiger Besucher der Moschee, die damals Al-Kuds-Moschee hieß. Ein Freund Attas aus jenen Tagen, ein Franzose algerischer Abstammung, habe bei den neuen Anschlagsplänen eine zentrale Rolle gespielt.
Fox News und CNN stellten einen direkten Zusammenhang her zwischen den Geheimdienstinformationen und dem Reisehinweis der USA vom Sonntag, in dem das Außenministerium US-Bürger in Europa zu besonderer Vorsicht aufruft. Reisende sollten an öffentlichen Orten wie Touristenzielen und Verkehrsknotenpunkten besonders vorsichtig sein, heißt es darin. Der Reisehinweis enthielt aber keine Aufforderung, öffentliche Plätze zu meiden. Die britische Regierung verschärfte ihre Reisehinweise für Deutschland und Frankreich am Wochenende ebenfalls. Am Montag warnte auch Japan seine Bürger in Europa vor möglichen Terroranschlägen.
Festnahme nach Bombendrohungen in Paris
Der Eiffeltum war in den vergangenen drei Wochen nach Bombendrohungen zwei Mal geräumt worden. Die französische Polizei nahm am Montag einen Mann fest, der mehrerer Bombendrohungen in Paris verdächtigt wird. Der 53-Jährige wurde nach Behördenangaben in seiner Wohnung in Meudon südwestlich von Paris in Gewahrsam genommen. Unter anderem wird er mit einer Bombendrohung im Bahnhof Saint-Lazare in Verbindung gebracht. Nähere Einzelheiten wurden zunächst nicht mitgeteilt. Die französischen Behörden haben im September neun Bombendrohungen in Paris registriert, darunter zwei am Eiffelturm. Sprengstoff wurde in keinem der Fälle entdeckt.
Am Mittwoch teilten Sicherheitskreise mit, Anschläge in Europa vereitelt zu haben, die in Pakistan geplant worden seien. Die Sicherheitsstufe wurde aber nicht erhöht.
220 Islamisten mit Bezug zu Deutschland
Mit Stand vom vergangenen Juli lagen den deutschen Sicherheitsbehörden Informationen über insgesamt rund 220 Islamisten mit einem Bezug zu Deutschland vor, die sich seit Beginn der 90er Jahre in Terrorcamps unter anderem in der Grenzregion zwischen Pakistan und Afghanistan ausbilden lassen wollten oder aber womöglich auch ausgebildet worden sind. „Deutschland-Bezug“ bedeutet in diesem Zusammenhang: Es handelt sich um Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit, aber auch Angehörige anderer Staaten, die sich in Deutschland aufgehalten haben.
Bei etwa 70 dieser 220 Islamisten verfügen die Sicherheitsbehörden über konkrete Hinweise darauf, dass sie tatsächlich eine paramilitärische Ausbildung erhalten haben. Weniger als ein Drittel dieser rund 70 Menschen soll sich akuell wieder in Deutschland aufhalten - davon sitzt die Hälfte im Gefängnis. Von den 220 „ausbildungswilligen“ Islamisten befinden sich Schätzungen zufolge derzeit vermutlich 110 in Deutschland - zehn von ihnen sitzen hierzulande hinter Gitter. 40 der 220 Islamisten mit Deutschland-Bezug sollen sich seit 2001 an Kampfhandlungen in Krisenregionen beteiligt haben.
Laut aktuellem Verfassungsschutzbericht reisen deutsche Islamisten oft über die Türkei, Ägypten und den Iran in Richtung Pakistan. Neben dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet werden Terrorcamps auch im Maghreb, am Horn von Afrika und im Jemen vermutet. Islamisten aus Deutschland halten sich demnach zur Zeit vor allem in Ausbildungslagern der Islamischen Dschihad-Union (IJU) beziehungsweise der Islamischen Bewegung Usbekistans (IBU) auf. Auch die Mitglieder der sogenannten Sauerland-Gruppe hatten 2006 ein Lager der IJU im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet aufgesucht.
USA verstärken Angriffe mit Drohnen
Die USA haben ihre Drohnen-Angriffe auf Extremisten von Al-Kaida und ihrer Verbündeten im Nordwesten Pakistans verstärkt. Im September gab es 21 Angriffe - so viele wie nie zuvor in einem Monat. Der Geheimdienst CIA jagt führende Mitglieder des sogenannten Hakkani-Netzwerks. Die Abspaltung der afghanischen Taliban operiert aus Nord-Waziristan heraus. Die Region ist Rückzugsgebiet für verschiedene Gruppen Radikaler, die Angriffe gegen die pakistanische Regierung oder Nato-Soldaten in Afghanistan starten.
Nach Ansicht westlicher Geheimdienste stellen die im Westen aufgewachsenen Extremisten ohne ein Strafregister eine der größten Gefahren dar. Für die Führung von El-Kaida sind diese Radikalen wichtig, weil sie westliche Pässe haben und so leichter reisen können. (afp/dapd/rtr)