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Die Vereinigung der rechtsextremen Parteien NPD und DVU kommt voran. Jetzt soll ein wichtiges Hindernis aus dem Weg geräumt sein: Die Übernahme von DVU-Parteischulden. Auch in NRW planen Rechtsparteien einen Zusammenschluss.
Im Internet sind sie schon vereint, auf ihrer Seite präsentiert sich die rechtsextreme NPD zusammen mit dem Logo der „Deutschen Volksunion“ (DVU). In der Praxis muss der Zusammenschluss erst noch vollzogen werden. Doch nun sieht es so aus, dass in Deutschland tatsächlich bald eine ‘braune Einheitspartei’ entsteht.
Laut einem Bericht von NDR Info ist eine wichtige Hürde beseite geräumt worden - die Übernahme von Altschulden der DVU. Es geht um eine Million Euro, die die Partei ihrem Gründer und langjährigen Chef (bis 2009) schuldet, dem Verleger Gerhard Frey. Der hatte die DVU 1971 als Verein in München gegründet. 1987 wurde daraus eine Partei. Der 77-Jährige soll sich nun bereit erklärt haben, auf das Geld zu verzichten. Ein politisches Erdbeben erwarten Beobachter allerdings nicht. Die von der NPD anvisierte „nationale Kraft“ dürfte durch die DVU nicht wesentlich erstarken.
Die DVU ist eine abgewirtschaftete Partei
„Die NPD beerbt den Rest einer abgewirtschafteten, untergehenden rechtsextremen Partei“, meint Alexander Häusler von der Arbeitsstelle Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf. Aus seiner Sicht fehlt der DVU über kurz oder lang die Existenzgrundlage: „Entweder sie implodiert alleine - oder sie geht in der NPD auf“. Insgesamt hat die DVU bundesweit nurmehr etwa 4500 Mitglieder, davon in NRW um die 1000, und ist in keinem Landtag mehr vertreten. Zudem soll selbst DVU-Chef Matthias Faust gegenüber Medien eingestanden haben, dass der Mitgliederbestand wohl mehr Karteileichen als aktive Kader führe.
Dabei war die DVU lange Zeit die mitgliederstärkste rechtsextremistische Partei in Deutschland. Ihren Höchststand hatte sie 1998 mit bundesweit etwa 18.000 Mitgliedern, heißt es in einer Übersicht des NRW-Verfassungsschutzes: „Seit Ende 2000 sind die Mitgliederzahlen rückläufig, was unter anderem auch mit ausbleibenden Wahlerfolgen zusammenhängt. 2007 wurde sie von der NPD als mitgliederstärkste Partei überholt.“ Beide Parteien zusammen kämen derzeit laut Verfassungsschutz auf um die 11.000 Mitglieder. In Befragungen hatten jeweils über 90 Prozent von ihnen Zustimmung für einen Zusammenschluss signalisiert, gaben die Parteichefs Udo Voigt (NPD) und Matthias Faust (DVU) Ende Juli bekannt.
Auch Pro NRW und Republikaner wollen sich annähern
„Es tut sich was in der rechten Szene“, sagt Alexander Häusler. Politisch von Bedeutung sind für ihn allerdings andere Annäherungsspläne: So beschnuppern sich derzeit auch „Pro NRW“ und „Republikaner“. Im Gespräch ist eine „rechtsdemokratische Wahlplattform“. Ob daraus eine rechtspopulistische Bewegung wird, hängt für Häusler aber davon ab, ob den Parteien eine inhaltliche Neuausrichtung gelingt. Vorbilder sind etwa die erfolgreichen Nationalkonservativen Parteien in Österreich (FPÖ), Belgien (Vlaams Belang) und der Schweiz (SVP).
„Die rechtspopulistischen Parteien probieren sich zu häuten“, beobachtet Alexander Häusler. Ihr Feindbild wandele sich vom „klassischen Rassismus“ hin zur Islamkritik. Zudem gingen sie „gezielt an den nationalkonservativen Rand der CDU heran“. Für Häusler ist es „eine spannende Frage der Zukunft, wer das statistische Vakuum rechts der CDU füllen wird“. Konkurrenz für eine mögliche ‘Bewegung’ aus Republikanern und Pro-Anhängern sieht Häusler dabei nicht in der NPD, „sondern in einer möglichen Neugründung von zum Beispiel islamfeindlichen Gruppierungen.“
Pro NRW sieht Bedarf an einer „gemäßigten Rechtspartei“
Da passt, was Pro NRW-Chef Markus Beisicht kürzlich formulierte: „Es fehlt in Nordrhein-Westfalen ein demokratisches Korrektiv von rechts, das primär der einheimischen Bevölkerung verpflichtet ist“, träumt Beisicht von künftigen Wahlerfolgen einer „gemäßigten Rechtspartei“, wie er im Internet schreibt. „Seriöse Umfragen taxieren mittlerweile selbst in NRW eine gemäßigte Rechtspartei auf Wahlergebnisse von mehr als 10 %“, behauptet Beisicht. Bei der NRW-Landtagswahl im Mai freilich war davon nichts zu spüren. Dort waren Pro NRW (1,4 Prozent) und Republikaner (0,8 Prozent) fernab eines zweistelligen Stimmenergebnisses gelandet. Allerdings feierte Pro NRW in einer Pressemitteilung jüngst, in Folge der Sarrazin-Debatte 50 neue Mitglieder gewonnen zu haben - „bei Null Austritten“.
„Ich sehe noch keine neue rechtspopulistische Partei jenseits der CDU“, sagt hingegen Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin, die sich gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus engagiert und von wo aus auch das Blog „NPD-Blog.Info
“ mitbetreut wird. Zudem ist für Reinfrank eine Fusion von NPD und DVU längst nicht beschlossene Sache: „Da gibt es viel Widerstand in der rechten Szene“. Gerade aus den gewaltbereiten rechten Freien Kameradschaften, denen die NPD ja nahe steht, ist Kritik am Zugang der als rechtskonservativ eingeschätzten DVU-Sympathisanten zu hören. Reinfrank: „Sie sehen ihre Position geschwächt“.
Ob die Mitgliederzahl einer gewachsenen NPD - der Name DVU soll offenbar wegfallen - tatsächlich dann fünfstellig bleibt, ist für Reinfrank noch nicht absehbar. Nicht, solange der umstrittene Parteichef Udo Voigt an der Spitze bleibt: Dessen NS-Orientierung könnte selbst DVU-Mitglieder und -Wähler abschrecken.