Berlin.

Christian Wulff hat seine Kompetenzen wohl deutlich überschritten. Laut einem FAZ-Bericht hat das Bundespräsidialamt beim Rückzug von Thilo Sarrazin aus dem Bundesbankvorstand die Bedingungen diktiert.

Der Fall Thilo Sarrazin schlägt neue Wogen. Laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ soll das Bundespräsidialamt in die Unabhängigkeit der Bundesbank eingegriffen haben. Die FAZ berichtet, dass die Verhandlungen über die Bedingungen für den Rücktritt von Sarrazin offenbar allein von Vertretern des Bundespräsidenten geführt worden seien. Bei den Gesprächen seien außer Sarrazins Anwalt Stefan Eiden mindestens drei Vertreter des Präsidenten anwesend gewesen. Die Bundesbank sei dagegen gar nicht vertreten gewesen. Diese Informationen will die FAZ aus dem Umfeld der Bundesbank erfahren haben.

Das Bundespräsidialamt soll sogar die Pressemitteilung diktiert haben

Weiterhin berichtet die FAZ, dass bei diesem Gespräch die wichtigsten Bedingungen zum Rückzug Sarrazins aus dem Bundesbankvorstand akzeptiert worden seien: die Rücknahme des Vorwurfs, Sarrazin habe Ausländer diskriminiert, und die Rücknahme des Antrags auf Entlassung und Sarrazins Anspruch auf eine ungekürzte Pension. Das Bundespräsidialamt soll laut FAZ sogar die am folgenden Tag erschienene Pressemitteilung diktiert haben.

Bundespräsident Christian Wulff hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe inzwischen zurückweisen lassen. „Das Bundespräsidialamt hat eine Rolle als Mediator wahrgenommen“, sagte der zuständige Staatssekretär Lothar Hagebölling. Beide Seiten seien angehört worden und hätten „Zeit und Gelegenheit“ gehabt, Lösungsansätze zu beraten. Die zwischen der Bundesbank und Sarrazin erzielte Einigung spiegele den Willen beider Verhandlungspartner wider. „Diese haben miteinander Vertraulichkeit vereinbart“, erklärte der Chef des Bundespräsidialamtes.

„Die Deutsche Bundesbank dankt dem Bundespräsidialamt für seine Vermittlung“

Die Bundesbank verwies auf Anfrage darauf, dass mit Sarrazin eine einvernehmliche Lösung gefunden worden sei, die der Vorstand einstimmig gebilligt habe. „Die Deutsche Bundesbank dankt dem Bundespräsidialamt für seine Vermittlung im Vorfeld dieser Regelung“, teilte die Notenbank weiter mit.

Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, er gehe von einer bloßen Vermittlungstätigkeit des Bundespräsidialamtes aus. „Es gibt aber keine Bewertung seitens der Bundesregierung“, fügte er hinzu. Sie sei an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen. „Die Bundesregierung hat immer gesagt, dass dieses ein Verfahren ist, das durch den Bundespräsidenten verantwortet wird“, sagte Seibert. Gleichzeitig habe sie die Unabhängigkeit der Bundesbank „vor und nach Ausbruch der Affäre Sarrazin“ immer hochgehalten. (we/rtr)