Bochum.

Elektrofahrräder boomen. Pedelecs gelten als Fortbewegungsmittel für Senioren – kein ganz heißes Bike, aber mit hohem Spaßfaktor. Ein Test.

Ein ganz heißes Bike ist das Pedelec nun wirklich nicht. Sein Image reicht gerade mal eine Sattelhöhe über das eines Rollators hinaus. Elektro-Fahrräder gelten schlechthin als Fortbewegungsmittel für Gebrechliche – und boomen trotzdem. Natürlich, weil es immer mehr ältere Menschen gibt, die es mit Hilfe des E-Bikes schaffen, weiterhin Freude am Fahrradfahren zu haben. Aber auch, weil die Zahl der Zeitgenossen zunimmt, die den Fun-Faktor von Elektrorädern entdecken.

Pedelecs sind Räder, die mit einem Elektromotor am Tretlager oder am Rad unterstützt werden. Per Akku, der mit Strom aus der Steckdose geladen wird. Der Clou: Der Pedelec-Fahrer fährt, sobald er trampelt, leicht und mühelos so schnell wie ein Mofa, benötigt aber weder Nummernschild noch Führerschein, weil er ja offiziell auf einem Fahrrad sitzt. Ganz schnelle E-Bikes, die es auf über 40 Stundenkilometer bringen, sind dagegen anmeldungs- und – selbstverständlich – helmpflichtig.

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© WAZ FotoPool

Ein Alltagstest im Herzen des Ruhrgebiets soll nicht nur zeigen, wie praxistauglich Pedelecs sind, sondern auch, wieviel Radel-Spaß sie bereiten. Unser Rad hat acht Gänge und drei Stufen bei der Unterstützung durch den Elektromotor: standard, eco und high. Wir wollen schnell sein, wie mit dem Normalrad ja auch, stellen auf achten Gang sowie high – und sind es schon kurz nach dem Anfahren. Das geht fast von selbst. Das Rad beschleunigt im Nu auf gute 20 Stundenkilometer und ist damit für die Radfahrer-Hölle Bochum schon fast zu schnell. Denn hier teilt man sich den Radweg mit Fußgängern oder fährt auf der Straße auf handtuchbreiten Radspuren. Vor allem in der City kann der Radweg auch plötzlich im Nichts verschwinden. Bereits nach 100 Metern im Bermudadreieck hängt mir um Haaresbreite ein torkelnder Fußgänger über der Lenkstange, der das schnelle und leise Pedelec in letzter Sekunde wahrnimmt. Dessen Elektromotor ist nämlich so gut wie unhörbar.

Erinnerungen werden wach. Als Fünfjähriger zum ersten mal ohne Stützräder. Der Vater rennt nebenher, die Hand drückt auf den Rücken, leichter Schub. So ähnlich muss man es sich vorstellen: Als ob immer jemand leicht anschiebt. Ansonsten ist alles wie immer, kein Unterschied, nur dass es halt angenehm leicht geht.

Entspannt, aber schnell

Zum Beispiel die beständig ansteigende Bochumer Kö­nigsallee hoch. Vor allem aber später, auf dem Rückweg von der Ruhr die Marterstrecke nach Stiepel empor. Ich stelle spaßeshalber mal die Motorunterstützung aus und: Der Spaß ist vorbei. Die Geißelei mag aber auch deshalb so krass ausfallen, weil man sich schon an die elektrische Hilfe gewöhnt hat. Und weil das Bike, das zu Hause in der Garage steht (ohne Elektromotor) besser läuft. Also schnell den Motor wieder angestellt und weiter geht’s pfeilschnell an den armen Radlern vorbei, die mit verbissenen Gesichtern schweißgebadet um jeden Höhenmeter kämpfen müssen. Und die immer ein wenig verdutzt aus der Wäsche schauen, wenn sie von einem überdurchschnittlich entspannten Menschen überholt werden.

Motorkraft spendiert das Rad nur bis 25 Stundenkilometer. Das erinnert schon wieder an die Jugend. Mein Mofa schaffte damals auch nicht mehr als 25 (zumindest solange nicht, bis es irgendjemand frisierte). Wer also schneller sein will, muss kräftig in die Pedale treten oder abschüssige Strecken wie die Kemnader Straße hinuntersausen, wo der Tacho gut 50 Stundenkilometer anzeigt. Und damit den Grenzbereich, weil die Übersetzung keine höheren Geschwindigkeiten zulässt – und die Polizei auf dieser innerörtlichen Straße ja auch nicht.

Am Ende kehre ich völlig unverletzt und vor allem unverschwitzt ins Bermudadreieck zurück. Ich habe mich bewegt, aber nicht zu viel, fühle mich sehr zufrieden. Der Spaß-Grad war höher als jemals für möglich gehalten. Image ist halt nicht alles. Beim nächsten Mal werde ich einen Rollator testen.