Luxemburg. .
Der Europäische Gerichtshof hat das deutsche Monopol für Lotterien und Glücksspiele gekippt. Grund: Wettmonopole seien zwar zulässig, um Spielsucht zu bekämpfen. Das Ziel werde jedoch durch zuviel Werbung unterlaufen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Praxis des deutschen Sportwetten-Monopols für unzulässig erklärt und verlangt von den Bundesländern eine umgehende Neuregelung. Das Monopol sei eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs in der EU und wäre nur gerechtfertigt, wenn es konsequent die Gefahren des Glückspiels bekämpfte. Dies sei in Deutschland aber nicht der Fall, erklärte der EuGH. Der Urteilsspruch vom Donnerstag könnte die Neuordnung des milliardenschweren Glücksspielmarkts einleiten.
Keine Systematik bei der Suchtbekämpfung
Die derzeitige Anwendung des Monopols „kann nicht mehr gerechtfertigt werden“, so der EuGH in Luxemburg. Denn „zum einen führen die Inhaber der staatlichen Monopole intensive Werbekampagnen durch, um die Gewinne aus den Lotterien zu maximieren.“ Zum anderen ermuntere die Politik zu Kasinos und Automatenspielen, die ein höheres Suchtpotenzial als Sportwetten hätten. Von einer „systematischen und kohärenten“ Regel zur Begrenzung der Suchtgefahren könne daher keine Rede sein. Die Praxis dürfe nicht länger angewandt werden.
Mehrere kleine Anbieter hatten gegen das Monopol der Sportwettenvermittlung geklagt. Vier deutsche Gerichte wandten sich daher mit der Frage an den EuGH, ob die deutsche Praxis mit europäischem Recht vereinbar sei. Dass die Kläger nun morgen zugelassen werden, ist zwar nicht zu erwarten, das Urteil vom Mittwoch ist aber eine Vorentscheidung. Nun liegt es an den vier deutschen Gerichten, über die konkreten Fälle zu urteilen.
Dennoch sprach die Generalsekretärin des Europäischen Spiel- und Wettverbandes (EGBA), Sigrid Ligné, von einem „bahnbrechenden Urteil“. In anderen Ländern sei der Markt schon geöffnet worden und es zeige sich, dass die Verbraucher in einem offenen und regulierten Markt besser geschützt werden könnten. Nun müssten die deutschen Politiker ihre Verantwortung übernehmen. Der Urteilsspruch aus Luxemburg leite überdies „das Ende des deutschen Online-Wettverbotes ein“.
Öffnung des Marktes nicht zwingend
Der Deutsche Lottoverband verteidigt dagegen sein Monopol und fordert eine Lockerung der derzeitigen Werbebeschränkungen. „Die Politiker sind aufgefordert, die Zukunft des deutschen Lottos nicht den Gerichten zu überlassen, sondern nun selbst zu handeln“, erklärte Verbandspräsident Norman Faber.
Die derzeitigen Regeln sind im Glücksspielstaatsvertrag von 2008 festgelegt. Neben dem Monopol der Bundesländer wird darin auch jede Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen im Internet verboten. Allein das staatliche Unternehmen Oddset ist für Online-Sportwetten zugelassen. Länder und Bund wollen so sicherstellen, dass sie am Glücksspiel kräftig mitverdienen. Doch der Markt hat sich längst verselbstständigt, weil private Anbieter Sportwetten aus dem Ausland vermitteln. Laut einer Studie der Beratungsfirma Goldmedia entfallen inzwischen 81 Prozent der Online-Glücksspiel- und Wetteinsätze auf private inländische oder ausländische Anbieter.
Eine konkrete Vorgabe für die geforderte Neuregelung gab der EuGH nicht. Eine Öffnung des Marktes sei nicht zwingend, heißt es im Urteil. Denn grundsätzlich ließen sich die Gefahren des Glücksspiels mit einem Monopol wirksamer beherrschen als mit einem privaten System.
(Rechtssachen C-409/06, C-316/07, C-358/07, C-359/07, C-360/07, C-409/07 und C-410/07)