Essen. Bei der Mehrheit der Sportpolitiker stößt eine Liberalisierung des Wettmarktes auf Ablehnung. Das Gros der Politik lehnt vor dem Hintergrund des Wettskandals auch neue Gesetze ab.

Sportpolitiker aller Parteien haben mit großer Empörung auf die Enthüllungen im Wettskandal des europäischen Fußballs reagiert. Die Forderung der Fußball-Verbände nach einer notwendigen Liberalisierung des Wettmarktes sowie die Änderung der Strafgesetzgebung stießen bei der Mehrheit der Sportpolitiker jedoch auf Ablehnung.

"Man konnte sich so ein Ausmaß der Manipulation nicht vorstellen. Da können wir nicht wegsehen. Da müssen wir klare Kante zeigen", sagte Klaus Riegert (CDU) im Sportauschuss des Deutschen Bundestages am Mittwoch. Dem Ruf nach einer Liberalisierung des Wettmarktes konnte er nicht folgen. "Unser Rechtssystem war in der Vergangenheit erfolgreich. Deshalb müssen wir sehen, dass es international Gültigkeit bekommt", sagte Riegert.

Ausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag hatte sich ebenfalls gegen die Liberalisierung des Wettmarktes ausgesprochen. Eine Kommerzialisierung könne besonders manipulationsanfällige Wettformen zur Folge haben und würde das Problem verschärfen. Die Notwendigkeit von Gesetzessänderungen sah Freitag genauso wenig wie Parteikollege Martin Gerster. "Von Schnellschüssen halte ich nichts", sagte Gerster (SPD), auch "wenn einem die Geschichte des Wettskandals auf den Magen schlägt."

"Wir brauchen ein eigenes Sportrecht für solche Fälle"

Grünen-Vertreter Winfried Hermann hatte hingegen erneut eine Ergänzung des Strafrechtes gefordert. "Wir brauchen ein eigenes Sportrecht für solche Fälle", sagte Hermann. Der Manipulationsfall um den ehemaligen Schiedsrichter Robert Hoyzer 2005 habe gezeigt, dass es Lücken im Gesetz gibt. "Die Gefängnisstrafe für Hoyzer konnte aus Mangel an Gesetzen nur mit Mühe ausgesprochen werden", meinte Hermann.

Sylvia Schenk, Vorsitzende der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International, warnte vor einer raschen Änderung des Strafgesetzes. "Der Fall Hoyzer hat gezeigt, dass es möglich ist, drastische Strafen auszusprechen", widersprach Schenk dem Grünen-Vertreter Hermann. "Es lohnt sich nicht, nach einem neuen Gesetz zu rufen", sagte Schenk. Vielmehr solle man stärker auf Präventionen setzen und Schiedsrichtern, Spielern oder Vereinsoffiziellen ein spezielles Ethik-Training verpassen, um ein neues Bewusstsein zu erwirken.

Schenk lobt den DFB

Schenk lobte die Anstrengungen der Fußballverbände. Der DFB gehöre weltweit zu den Verbänden, die am meisten gegen die Korruption tun. Allerdings habe man bisher nur die "Spitze des Eisbergs" gesehen. Man habe es mit "mafiösen Strukturen" zu tun.

DFB-Vizepräsident Rainer Koch forderte, bei der Aufklärung des Skandals den Fokus mehr auf die Opfer zu legen. Traditionell stünden, so Koch, die Täter bei der Aufklärung im Vordergrund, doch die "Opfer" wie Zuschauer, Spieler und Vereine hätten ein Recht auf umfassende Aufklärung. "Da muss jedes einzelne Spiel, das zum Manipulationsskandal gehört, benannt werden, auch wenn die Staatsanwaltschaft nicht immer bis ins letzte Details vordringt", sagte Koch.

"Die jetzige Situation hat nur Verlierer"

Vor allem die zuletzt neugegründete Initiative Profisport Deutschland (IPD) hatte sich für eine Öffnung des Wettmarktes ausgesprochen. Der Interessengemeinschaft gehören neben der DFL, die Deutsche Eishockey Liga (DEL), die Basketball-Bundesliga (BBL) und die Handball-Bundesliga (HBL) an. "Das Wettmonopol hat nicht dazu beigetragen, den Wettskandal zu verhindern. Die jetzige Situation hat nur Verlierer", sagte BBL-Geschäftsführer Jan Pommer. Auch "Fußball-Kaiser" Franz Beckenbauer war für eine Öffnung des Marktes für seriöse, lizenzierte Anbieter eingetreten. (sid)