Essen/Berlin. Eine Arcandor-Insolvenz rückt immer näher. Nach der Ablehnung der Staatsbürgschaft bleibt dem angeschlagenen Handelsriesen nur noch die Hoffnung auf einen Notkredit. Eine Entscheidung soll bis Mittwoch fallen. Doch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bleibt skeptisch.

Die Chancen für ein Überleben von Arcandor schwinden. Die Bundesregierung lehnte am Montag einen Antrag des Handelsriesen auf eine Bürgschaft von 650 Millionen Euro ab. Damit bleibt dem Konzern nur noch die Hoffnung auf einen Notkredit der öffentlichen Hand in Höhe von 437 Millionen Euro. Lehne die Bundesregierung auch dies ab, müsse der Konzern unverzüglich Insolvenz anmelden, warnte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski. Eine Entscheidung den Notkredit soll bis spätestens Mittwoch fallen, hieß es in Berlin.

Allerdings zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel weiterhin skeptisch. «Ohne eine Zukunftsperspektive ist die Inanspruchnahme staatlicher Hilfe überhaupt gar nicht denkbar», sagte Merkel in Berlin. Die Bundesregierung habe kein Interesse an Lösungen, die nur vier, fünf oder sechs Monate Bestand hätten. «Was uns nach wie vor fehlt, ist eine Lösung seitens der Eigentümer», bemängelte die Kanzlerin.

Für den ums Überleben kämpfenden Konzern ist die Aussicht auf einen Notkredit nun der letzte Strohalm. «Diese Entscheidung warten wir natürlich ab», sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski. Wenn der Konzern allerdings ein «Doppel-Nein» erhalte zur Staatbürgschaft und zur Rettungsbeihilfe, müsse er unverzüglich den Gang zum Konkursgericht antreten. Die Arcandor-Aktie verlor angesichts der wachsenden Zweifel an den Zukunftsaussichten des Konzerns zeitweise mehr als 30 Prozent an Wert.

Bürgermeister fürchten um Attraktivität der Innenstädte

Der zuständige Lenkungsausschuss der Bundesregierung hatte den Antrag des Unternehmens auf 650 Millionen Euro Bürgschaft und 200 Millionen Euro Kredit am Montag abgelehnt, da Arcandor schon vor dem Stichtag 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen sei.

Die Oberbürgermeister und Bürgermeister der Städte mit Karstadt- Standorten appellierten unterdessen in einer gemeinsamen Erklärung an die Arcandor-Eigentümer, an die Banken und die Vermieter des Handelskonzerns sowie an die Bundesregierung «unverzüglich alle denkbaren Möglichkeiten zu nutzen, um alle Kaufhäuser zu retten». Die Warenhäuser seien als Kundenmagneten für die Innenstädte unverzichtbar.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hat im Falle einer Insolvenz von Karstadt Strategien für eine nahtlose Neunutzung der Kaufhäuser gefordert. «Wir müssen jetzt alles tun, um die Innenstädte attraktiv zu halten. Wir dürfen nicht warten, bis eine Lücke entsteht, die dann weitere Lücken reißt, die später kaum und nur mit großer Anstrengung zu füllen sind», sagte Tiefensee am Montag nach einem Treffen mit Arcandor-Vertretern und Oberbürgermeistern von Städten mit Karstadt-Standorten.

Tiefensee verspricht Hilfen für betroffene Städte

«Die Eigentümer der Kaufhäuser müssen sich ihrer Verantwortung für die Gesellschaft bewusst sein. Ich erwarte, dass Unternehmen, Eigentümer und Vermieter alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Standorte zu erhalten», erklärte Tiefensee weiter. Sobald über die Zukunft Arcandors und der einzelnen Standorte Klarheit herrsche, werde er die betroffenen Oberbürgermeister sowie die Bundesländer einladen, um weitere Maßnahmen abzustimmen. Dazu gehörten frühzeitige Hilfen für die von Schließungen betroffenen Standorte aus den Programmen der Städtebauförderung.

Arcandor und Metro setzten am Montag ihre Gespräche über eine Fusion ihrer Warenhaussparten Karstadt und Kaufhof fort. Auch am Dienstag werde weiterverhandelt werden, kündigte der Arcandor-Sprecher an. Die Gespräche verliefen sehr konstruktiv. In Metro-Kreisen hieß es allerdings, nach wie vor gebe es große Meinungsunterschiede, sowohl was den möglichen Kaufpreis, als auch die Zahl der für eine Übernahme infrage kommenden Karstadt-Filialen angehe.

Interessenten für Teile von Arcandor

Für den Fall einer Insolvenz stünden inzwischen erste Unternehmen bereit, Teile des Arcandor-Konzerns zu übernehmen. So signalisierte der Hamburger Versandhauskonzern Otto Interesse an einigen Spezialversendern von Arcandor. Außerdem habe Otto die Karstadt-Sporthäuser im Blick, hieß es in Handelskreisen. Der Kölner Rewe-Gruppe wird Interesse an der Touristiksparte Thomas Cook nachgesagt. Ein Sprecher des Konzerns sagte, Thomas Cook sei «eine interessante Marke», deren Entwicklung man sorgfältig beobachte.

Unterdessen setzten Arcandor-Beschäftigte ihre Proteste fort. So demonstrierten vor der Unternehmens-Zentrale in Essen mehr als 1.000 Mitarbeiter für eine staatliche Unterstützung des Konzerns. In Dresden gingen rund 150 Karstadt-Beschäftigte auf die Straße. (ap/ddp)