Mannheim. .
Der Prozessauftakt von Jörg Kachelmann wird zum regelrechten Promi-Treff. Während Frauenrechtlerin Alcie Schwarzer munter Interviews gab, sorgte Comedian Oliver Pocher für Verwirrung. Er fuhr als falscher Kachelmann vor.
Nur einmal, für ganz kurze Zeit wird der Hunger der Dutzenden Fotografen und Reporter vor dem Landgericht Mannheim gestillt. Als Wettermoderator Jörg Kachelmann lässig gekleidet in einer schwarzen Lederjacke und einem weißen Shirt mit Dreitagebart in einem schwarzen Van anfährt und sich bereitwillig den Medien stellt. Die Verwirrung ist groß, doch bereits nach einigen Sekunden folgt die Ernüchterung: Kachelmann ist gar nicht Kachelmann. Comedian Oliver Pocher sorgt als Double des Wettermoderators für kurze Verwirrung bei den Journalisten. Der echte Kachelmann dagegen entwischt kommentarlos und kaum bemerkt durch die Tiefgarage. Ob Pocher oder Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, die bereitwillig Interviews gibt, - der Prozessbeginn um den Wettermoderator ähnelt einem regelrechten Promi-Treff.
Seit Monaten beherrscht der Fall die Schlagzeilen der Medien. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass bereits am frühen Montagmorgen über zwei Stunden vor Prozessbeginn sich Fotografen, Reporter und Schaulustige vor dem Landgericht drängen, um einen der begehrten Plätze im Verhandlungssaal zu erhaschen. Neben den Journalisten sind 85 Plätze für die Öffentlichkeit vorgesehen. Student Nikola interessiert vor allem das große Medieninteresse, deshalb hat sich der 20-Jährige aus Kaiserslautern bereits ganz früh in die Schlange gestellt. Er wolle sich von Kachelmann ein eigenes Bild machen und ihn nicht vorverurteilen, erklärt er kurz vor Prozessbeginn.
48 Medienvertreter
Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch. 28 Polizisten sorgen für einen geregelten Ablauf vor dem Gebäude und im Verhandlungssaal. Die Beamten hatten jedoch mit einem noch viel größeren Interesse von Schaulustigen gerechnet. „Vielleicht hat viele das große Medieninteresse abgeschreckt“, sagt Polizeisprecher Martin Boll. Dieses sei enorm: In seiner knapp 15-jährigen Arbeit als Pressesprecher habe er ein solches Journalistenaufgebot noch nie erlebt. Denn gerade einmal 48 Medienvertreter sind von dem Gericht für den Prozess akkreditiert worden. Zahlreiche Fotografen, Kameraleute und Reporter müssen deshalb vor dem Gebäude auf ein Statement Kachelmanns warten - vergebens. Denn dieser entschwindet nach dem vertagten ersten Verhandlungstag wortlos in einem silbernen Wagen.
Den freien Raum nutzt dagegen Pocher für sich. Immer wieder beteuert er als Kachelmann-Double laut seine Unschuld. Um seine Aussage zu stützen hat sich der Comedian sogar direkt seine Zeugen mitgebracht: Aus einer weißen Strechlimousine entschlüpfen 14 junge Frauen in „Lausemädchen“ T-Shirts - offenbar eine Anspielung auf Kachelmanns Geliebte -, die Pocher herzlich mit einem Küsschen begrüßt.
„Es steht Aussage gegen Aussage“
Neben dem Comedian sorgen zwei weitere Frauen für mächtig Furore vor dem Landgericht. Frauenrechtlerin Alice Schwarzer ist extra nach Mannheim angereist, um für die „Bild“-Zeitung den Prozess zu verfolgen. Die Berichterstattung sei im Vorfeld extrem voreingenommen gewesen, sagt sie vor Prozessbeginn: „Das geht nicht, es steht Aussage gegen Aussage“.
Daneben hat sich die ehemalige Sängerin von Brosis, Indira Weis, die Kachelmann nach eigener Aussage kennt, unter die Schaulustigen gemischt, um an dem Prozess teilzunehmen. Sie habe mit Frauen Kachelmanns gesprochen und im Laufe der Zeit ihre Meinung geändert. Was der Schweizer den Frauen angetan habe, sei ein großes Verbrechen, er habe sie „seelisch vergewaltigt“, betont sie. Nach dem kurzen Verhandlungstag erklärt die Sängerin: „Kachelmann sah sehr mitgenommen aus, man sah ihm die Belastung der vergangenen Monate an“.
Student Nikola hat sich vom Beginn mehr erhofft und ist enttäuscht. Kachelmann habe einen etwas befangenen Eindruck gemacht, erklärt er. Wenn es seine Zeit zulässt, will der 20-Jährige aber auch beim nächsten Prozesstag dabei sein. (ddp)