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NRW-Firmen, „vor allem kleine“, wie Sicherheitsexperten sagen, unterstützen zunehmend die Atomwaffen-, Raketen- und Kampfdrohnenprogramme des Iran. Experten sind besorgt, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Irans Präsident Mahmut Ahmadinedschad hat in Teheran stolz seine neue Kampfdrohne „Karrar“ vorgeführt. Sie ist vier Meter lang, gefährlich rot gestrichen und kann Bomben über 1000 Kilometer ins Ziel bringen. Vor allem Israel ist durch die Drohnen-Premiere in dieser Woche hoch beunruhigt. Denn von Projekt zu Projekt steigert die iranische Militärmaschinerie die Reichweite ihrer Angriffswaffen. Und das nachweislich mit deutscher Hilfe, glauben die Ermittler.

Bis zu 30 Motoren
in den Iran

Die Spur führt nicht selten nach Nordrhein-Westfalen. NRW-Firmen, „vor allem kleine“, wie Sicherheitsexperten sagen, unterstützen zunehmend die Atomwaffen-, Raketen- und Kampfdrohnenprogramme des Iran. Sie liefern Bauteile und verstoßen damit gegen das Embargo, das die UNO und auch die Europäische Union gegen den Mullahstaat verstärkt seit dem Jahr 2007 verhängt haben. Staatsanwälte ermitteln gegen mehrere Unternehmen.

So sind aus einem Flugmotorenwerk bei Bonn möglicherweise bis zu 30 Motoren an den Iran gegangen, geeignet für den Einbau in die unbemannten Kampfflugzeuge. Der Hersteller will im Glauben gehandelt haben, die Motoren seien für Dubai bestimmt.

Auch die Aachener Staatsanwaltschaft klagt einen Händler an, der solche Bauteile als „Stromaggregat“ deklarierte, um sie in den Iran zu exportieren. Einen Motor, sagte Staatsanwalt Robert Deller unserer Zeitung, habe der Händler liefern können. Auch habe er weitere Versuche unternommen. Zu deren Vollzug sei es dann aber nicht gekommen.

Bis zu 100 getarnte Firmen

Im vielleicht umfangreichsten Fall müssen sich der 65-jährige Deutsche Heinz-Ulrich K. und der 52-jährige Iraner Mohsen A. demnächst vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts in Düsseldorf verantworten. Es geht um eine noch gefährlichere Waffe - möglicherweise die Atomrakete, mit der Präsident Ahmadinedschad seine Nuklearwaffen auch in die Ziele tragen will. Die Bundesanwaltschaft wirft den beiden den Export und den Betrieb eines 850 000 Euro teuren Vakuum-Sinterofens vor, mit dessen Hilfe Steuerteile der iranischen Raketen und deren Gefechtsköpfe hitzefest gemacht werden können.

Sinteröfen werden für zivile wie militärische Zwecke gebaut. Man kann mit ihnen bei Temperaturen von 3000 Grad Keramiken herstellen, die in Autos eingebaut werden - aber eben auch feuerfeste Waffenteile.

Der Generalbundesanwalt ist sicher: Die Aufträge dafür sind direkt von der Behörde des iranischen Raketenprogramms an Mohsen A. gegangen. Sie umfassten die Beschaffung der Anlage, die Lieferung und schließlich auch die Montage im Land und die Inbetriebnahme.

A., so die Ermittler, legte daraufhin ein kleines Netzwerk an: Er stellte den Kontakt zum Ofenbauer Heinz-Ulrich K. her und weihte ihn ein. Den Genehmigungsbehörden, die die Ausfuhr absegnen mussten, nannte der Deutsche dann die Firma von A. in Asien als Empfänger – obwohl ihm klar war, dass der tatsächliche „Endverbraucher“ der iranische Staat war.

In Kreisen von Sicherheitsbehörden heißt es, bis zu 100 getarnte Firmen arbeiten so oder ähnlich in Deutschland für die Aufrüstung des Irans mit hochtechnologischen Waffen. Teheran betreibe ein regelrechtes Marketing. „Es sind oft Tüftler“, sagen die Experten, „die darauf eingehen“. Sie liefern teilweise auch dem Aufbau des Reaktors Busheer zu, den die internationale Gemeinschaft in Verdacht hat, Kern des Atomwaffenprogramms zu sein.

Frachten auf dem Flughafen abgefangen

Seit November 2009 konnte der deutsche Zoll im Rahmen der Operation „Early Bird“ mehrere Frachten auf dem Frankfurter Flughafen abfangen, die offiziell für russische Endabnehmer deklariert, offensichtlich aber – ebenfalls via Dubai -- für Busheer bestimmt waren. Einem der Transportunternehmen, der Lufthansa Cargo, war dies sehr peinlich. Man achte doch sonst auf die ordnungsgemäße Deklarierung der Fracht, heißt es in deren Zentrale. Anfang Juli kam es jetzt zu einem zweiten Schlag: Fahnder stellten Rechenmodule und Schalterkomponenten sicher, die von Siemens hergestellt wurden, die aber offenbar ohne Kenntnis des Konzerns auf dem komplizierten Weg nach Iran waren.

Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt des Chefs des Zollkriminalamtes in diesem Sommer wurde sein Chef Karl-Heinz Matthias gefragt, welche Sorge er vor allem habe. Matthias: „Uns macht vor allem der Schmuggel von Rüstungsgütern in Staaten wie dem Iran zu schaffen.“