Kassel. .

Das Bundessozialgericht in Kassel hat am Montag in mehreren Verfahren die Rechte von Hartz-IV-Beziehern gestärkt. Die Richter trafen Entscheidungen zu Wohnkosten und Vermögen. Ein Urteil zur Abwrackprämie steht aber noch aus.

Das Bundessozialgericht in Kassel hat am Montag in mehreren Verfahren die Rechte von Hartz-IV-Beziehern gestärkt. In einer Entscheidung des Vierten Senats ging es erneut um die Wohnkosten der Betroffenen. Erhalten Empfänger von Arbeitslosengeld II eine befristete Beschäftigung und ziehen währenddessen in eine neue und teurere Wohnung, muss nach dem Urteil die sie betreuende Arbeitsgemeinschaft (Arge) auch diese Unterkunftskosten grundsätzlich übernehmen.

Die Klägerin, eine gelernte Köchin von der Insel Rügen, hatte nach einem Hartz-IV-Bezug 2007 eine befristete Beschäftigung erhalten. In dieser Zeit schloss sie einen neuen, teureren Mietvertrag ab. Die Arge wollte die zwar noch angemessenen, jetzt aber höheren Mietkosten nicht übernehmen. Schließlich habe die Klägerin gewusst, dass ihre Beschäftigung nur befristet war und dass sie danach voraussichtlich erneut auf Hartz IV angewiesen sein würde.

Das Gericht urteilte, dass hilfebedürftige Hartz-IV-Empfänger vor Abschluss eines Mietvertrages zwar die Behörde um Erlaubnis fragen müssen. Im vorliegenden Fall war die Klägerin aber bei Abschluss des Mietvertrages nicht hilfebedürftig. Daher stehe ihr auch die Übernahme der Unterkunftskosten zu.

Nach einer weiteren Entscheidung darf die Arge mit Blick auf ein erst in Jahren zu erwartendes Vermögen nicht einfach das Arbeitslosengeld II nur noch als Darlehen gewähren. Nur Vermögen, das sich voraussichtlich innerhalb von sechs Monaten verwerten lasse, könne auf das Arbeitslosengeld II mindernd angerechnet werden, urteilte der selbe Senat.

Hartz-IV-Leistungen fallen in ihren Aufgabenbereich: Bundessozialministerin Ursula von der Leyen. Foto: ddp
Hartz-IV-Leistungen fallen in ihren Aufgabenbereich: Bundessozialministerin Ursula von der Leyen. Foto: ddp © ddp

Später zu erwartendes Vermögen nicht immer anrechenbar

Im konkreten Fall hatte ein Hartz-IV-Empfänger aus Kempten von der Arbeitsgemeinschaft sein Arbeitslosengeld II nur noch als Darlehen erhalten. Die Behörde hatte dies damit begründet, dass der Arbeitslose in elf Jahren, zu Beginn seines Rentenalters, von seinem Bruder 55.000 Euro erhalten soll. Zu einer solchen Zahlung war der Bruder verpflichtet worden, als er von der Mutter drei Grundstücke erbte. Das zuständige Jobcenter hatte argumentiert, Banken könnten ihm zumindest 30.000 Euro auf die in Aussicht stehende Summe zahlen. Der Kläger hatte aber keine Bank gefunden, die ihm dafür Geld geben wollte.

Das Bundessozialgericht entschied, die Verwertung eines bei Hartz IV zu berücksichtigenden Vermögens müsse wirtschaftlich zumutbar sein und voraussichtlich innerhalb von sechs Monaten veräußert werden können. Den konkreten Fall wiesen die Kasseler Richter an das Bayerische Landessozialgericht zurück, weil die Vorinstanz dazu noch Tatsachen feststellen müsse.

Klagen gegen die Anrechnung der mittlerweile eingestellten sogenannten Abwrackprämie als Einkommen auf Hartz-IV-Leistungen können sich ebenfalls für Langzeitarbeitslose lohnen. So hat nach Angaben des Bundessozialgerichts die Arbeitsgemeinschaft Cottbus wegen mangelnder Erfolgsaussicht in zwei Fällen ihre Sprungrevisionen zurückgenommen. Damit sind für den Hartz-IV-Bezieher günstige Urteile des Sozialgerichts Cottbus in Kraft.

Die Behörde hatte einem Arbeitslosen wegen des Erhalts der 2.500 Euro hohen Abwrackprämie das Arbeitslosengeld II gekürzt. Das Sozialgericht hatte jedoch in seinen Urteilen vom 21. Dezember 2009 die Abwrackprämie als zweckgebundene Einnahme gewertet, die nicht auf Hartz IV angerechnet werden darf. (apn)