Berlin. .

Schnupperkurs Bundeswehr: Der Bundesverteidigungsminister kann sich eine Probezeit für künftige Bundeswehrsoldaten vorstellen. So soll der Anreiz für die Rekruten steigen.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erwägt im Zuge der Verkleinerung der Bundeswehr und der Aussetzung der Wehrpflicht eine Probezeit für Soldaten. „Wir können uns eine Probezeit beim Bund vorstellen“, sagte Guttenberg der „Bild am Sonntag“. „Nach sechs Monaten kann dann jeder sagen, Soldatsein ist nichts für mich. Und umgekehrt kann die Bundeswehr entscheiden, dieser junge Mann passt nicht zu uns.“ Guttenberg erhoffe sich damit eine erhöhte Attraktivität für die notwendige Rekrutierung von 7000 bis 15.000 Freiwilligen.

„Wir brauchen auch in Zukunft junge Männer und Frauen, die kürzer dienen, das heißt zwischen 12 und 23 Monaten“, sagte der Minister. „Denen werden wir ein hoch attraktives Angebot machen.“ Das bedeute „keine Gammelzeit, sondern: Qualifikationen wie den Erwerb des Führerscheins, ordentliche Bezahlung, Anrechnung auf Rentenversicherung, Optionen auf Studienplätze und vieles mehr.“ Ziel sei es nach Worten Guttenbergs, „so viele junge Menschen wie möglich zu animieren, einen Dienst an der Gesellschaft zu tun.“

Experte: Bundeswehr ist Sanierungsfall

Die Bundeswehr ist nach Ansicht des Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, ein „Sanierungsfall“. „Die Armee muss sich dringend den neuen Anforderungen stellen“, sagte Driftmann, der auch Vize-Vorsitzender der Expertenkommission zur Reform der Bundeswehr ist, im Nachrichtenmagazin „Focus“. „Dabei geht es um unsere ureigenen legitimen Interessen - auch die der Wirtschaft.“ Für den Exportvizeweltmeister Deutschland „wäre es eine Katastrophe, wenn die Handelswege, insbesondere nach Südostasien dauerhaft eingeschränkt oder bedroht wären. Die dürfen wir nicht Piraten überlassen.“

Driftmann, der vor seinem Eintritt in das Unternehmen der Familie seiner Frau bei der Bundeswehr und im Verteidigungsministerium Karriere gemacht hat, äußerte massive Kritik am Zustand der Bundeswehr: „Wir haben heute eine relativ große Armee - allerdings sind von den 250 000 Soldaten auf dem Papier faktisch nur maximal 8000 einsatzbereit.“

DGB-Chef Michael Sommer kritisierte dagegen geplante Aussetzung der Wehrpflicht scharf und warnte vor einer Schwächung der Demokratie. „Nach den Erfahrungen von zwei Weltkriegen brauchen wir eine Armee, die in der Gesellschaft verankert ist“, sagte Sommer dem „Hamburger Abendblatt“. Deutschland dürfe sein Leitbild des Staatsbürgers in Uniform nicht aufgeben, forderte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds.

DGB-Chef gegen Abschaffung der Wehrpflicht

Sommer befürchte, „dass mit den Plänen Guttenbergs das Konzept einer parlamentarisch kontrollierten Armee in einer Demokratie teilweise beseitigt wird“. Zugleich warnte er vor der Abschaffung des Zivildienstes. Er habe die Befürchtung, „dass die sozialen Einrichtungen nach der Abschaffung des Zivildienstes dazu übergehen, massiv Ein-Euro-Jobs einzusetzen und sich quasi gezwungen fühlen, dass „Hartz IV“-System zu missbrauchen.“

Guttenberg verteidigte seine Reformpläne gegen Kritik auch aus den eigenen Reihen. Im Interview mit der „Bild am Sonntag“ sagte er, dass es zu einer deutlichen Truppenverkleinerung und zum Ende der Wehrpflicht keine Alternativen gebe. Die Bundeswehr könne bei schrumpfender Bevölkerung künftig nur „den Nachwuchs für etwa 170.000 bis 180.000 Berufs- und Zeitsoldaten“ auf dem Arbeitsmarkt gewinnen. Und die Wehrpflicht sei bereits heute faktisch abgeschafft. (afp/ddp/apn)