Mülheim. .
Die 20.000 Beschäftigten der Supermarktkette Kaiser’s/Tengelmann sollen auf Gehalt verzichten. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi ist das Unternehmen mit seinen rund 550 Filialen in eine „wirtschaftliche Schieflage“ geraten.
Die 21.000 Beschäftigten der Supermarktkette Kaisers’s/Tengelmann müssen sich auf Gehaltseinbußen einstellen. In einem sogenannten „Zukunftssicherungstarifvertrag“ wollen Kaiser’s/Tengelmann und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Bedingungen festzurren, wie sich die Mitarbeiter an der Rettung des Unternehmens beteiligen können. Die Verhandlungen sollen am 24. September beginnen und bis zum Jahresende abgeschlossen sein.
Vertrag soll Zukunft sichern
Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub bestätigte am Donnerstag, dass die Beschäftigten zeitlich befristet auf Teile ihrer Sondervergütungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten sollen. Während die gesamte Mülheimer Unternehmensgruppe im Krisenjahr 2009 ihren Umsatz um 2,6 Prozent auf 11,3 Milliarden steigern konnte, sei die Supermarktkette noch „eine Baustelle“. Haub zu DerWesten: „Kaiser’s/Tengelmann ist noch nicht über den Berg.“
Der Chef des Familienkonzerns sieht ein „Kostenproblem“. Nachdem sich Kaiser’s/Tengelmann bereits aus der Rhein-Main-Region zurückgezogen hat, laufe jetzt der „Kampf“ um die Filialen im Bereich Ruhrgebiet und Nordrhein. „In Müchen und Berlin sind wir die Marktführer“, verweist Haub auf das in diesen Metropolen gut laufende Supermarkt-Geschäft.
Konkrete Zahlen will der Tengelmann-Chef nicht nennen. Nach Informationen der „Lebensmittelzeitung“ soll der Zukunftstarifsicherungsvertrag eine Laufzeit von drei Jahren haben und dem Unternehmen ein Einsparvolumen von 35 bis 40 Millionen Euro garantieren. Haub dementierte diese Zahlen. Auch wies er Spekulationen zurück, Kaiser’s/Tengelmann solle durch die Zugeständnisse der Mitarbeiter für einen möglichen Verkauf an Wettbewerber „schön gemacht“ werden soll. Auf die Frage, ob sich Tengelmann ganz aus dem Lebensmittel-Geschäft zurückziehen wolle, beantwortete er unscharf: „Wir kommen aus dem Lebensmittel-Handel. Essen und trinken müssen die Menschen immer.“
Gewerkschaft signilisert Kompromissbereitschaft
Verdi ist zu Gesprächen über einen Zukunftstarifsicherungsvertrag bereit. Im Vorfeld der Verhandlungen hat die Gewerkschaft eigene Wirtschaftsprüfer beauftragt, in die Bilanzen von Kaiser’s/Tengelmann zu schauen. „Es gibt dort eine wirtschaftliche Schieflage. Das Unternehmen benötigt eine Geldspritze“, sagte Verdi-Sprecherin Cornelia Haß zu DerWesten.
Die Gewerkschaft geht aber nicht ohne Vorbedingungen in die Verhandlungen. „Ein nachhaltiges Konzept, wie das Unternehmen in die Zukunft geführt werden soll, ist Grundvoraussetzung“, so Haß. Sie verweist auf den 2004 vereinbarten Gehaltsverzicht der Karstadt-Mitarbeiter, der eine Fortführung der Warenhäuser ermöglicht habe. Die Verdi-Sprecherin: „Ein Zukunftstarifsicherungsvertrag ist ein sinnvolles Instrument.“
Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub kündigte Investitionen für die Supermarktkette an. Nachdem 46 Filialen geschlossen worden seien und das Umbauprogramm wegen der Krise erst einmal gestreckt war, soll es nun weitergehen. Im Herbst soll in Essen-Kettwig der Umbau einer Kaiser’s-Filiale mit ganz neuem Konzept abgeschlossen sein.