Stuttgart. .

Die Polizei hat sieben Demonstranten vom Dach des Stuttgarter Hauptbahnhofs geholt. Die Protestler hatten die Abrissarbeiten behindert – bis ein Sondereinsatzkommando sie überwältigte.

Die Polizei hat am Donnerstag sieben Demonstranten vom Dach des Stuttgarter Hauptbahnhofs geholt. Ein Sondereinsatzkommando überwältigte sie dort. Die Gegner des umstrittenen Bahnprojekts „Stuttgart 21“ wurden festgenommen. Nach Angaben eines Polizeisprechers verlief die Aktion ohne Zwischenfälle.

Die Demonstranten hatten zuvor die für das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ nötigen Abrissarbeiten am Stuttgarter Bahnhof zum Stillstand gebracht. Weil mehrere Protestierende auf dem Dach des alten Bahnhofs verharrten, konnten die Abbrucharbeiten am Nordflügel am Donnerstag zeitweise nicht fortgesetzt werden. Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) kritisierte die Gegner von „Stuttgart 21“ als unredlich.

Polizei beklagte, die Demonstranten würde zunehmend aggressiv werden

Nachdem bereits am Mittwoch nach Polizeiangaben 6000 Menschen - laut Veranstalter der Demonstration waren es 12.000 Menschen - gegen den Beginn der Abrissarbeiten demonstriert hatten, eskalierte die Situation am Abend. Sieben Aktivisten erklommen das Bahnhofsdach, um den Abbruch des Nordflügels zu stoppen. Die Behörden bemühte sich stundenlang um „Lösungsmöglichkeiten“, sagte ein Polizeisprecher. Auf dem Bahnhofsvorplatz verharrten unterdessen erneut hunderte Demonstranten, die Zufahrtswege für Baufahrzeuge bis Freitag blockieren wollen.

Die Polizei beklagte, die Demonstrationen würden zunehmend aggressiv, verlören ihren friedlichen Charakter und überschritten die Grenzen des zivilen Ungehorsams. So seien Feuerwehr und Rettungskräfte bei einem Notfall während der Fahrt und am Einsatzort von „Stuttgart 21“-Gegnern bedrängt und behindert worden. In der Innenstadt hatten bis zu 200 Aktivisten bis in den späten Mittwochabend hinein Straßen blockiert. Auf der Bundesstraße 14 errichteten Demonstranten Barrikaden aus Mülltonnen. Dies habe mit verständlichen Protesten und zivilem Ungehorsam bei weitem nichts mehr zu tun, sagte Stuttgarts Polizeipräsident Siegfried Stumpf. „Wer Rettungskräfte blockiert, handelt kriminell.“

Menschenkette um den Landtag geplant

Der Stuttgarter Schauspieler Walter Sittler und der Sprecher des Bündnisses der „Stuttgart 21“-Gegner, Gangolf Stocker, riefen zu einer Menschenkette um den Landtag am Freitagabend (27. August, 18.00 Uhr) auf. Bis dahin sollten die „Stuttgart 21“-Gegner dafür sorgen, dass durch den Eingang des Baugelände „nichts mehr rein und nichts mehr raus“ komme, sagte Stocker. Mindestens 500 Menschen müssten in den nächsten Tagen vor dem Zaun stehen. Ein Stopp des umstrittenen Milliarden-Projekts, wie von den Demonstranten gefordert, würde maximal 400 bis 500 Millionen Euro kosten. Zu diesem Schluss kommt der Bahnexperte und Gutachter Christian Böttger. Der Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin widersprach damit Projektsprecher Wolfgang Drexler, der ein Aus von „Stuttgart 21“ mit mindestens 1,4 Milliarden Euro veranschlagt habe.

Der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven hat unterdessen die Forderung eines ehemaligen Mitstreiters beim Bahn-Projekt „Stuttgart 21“, des Architekten Frei Otto, nach einem Baustopp zurückgewiesen. Dessen Aussagen seien nach Ansicht Ingenhovens „nah an der Panikmache“. Frei Otto sei vor einem Jahr wegen Sicherheitsbedenken aus dem Projekt ausgeschieden. In einem Interview habe er jetzt vor einer Gefahr für Leib und Leben gewarnt, wenn der Bau realisiert werde.

Bei dem Milliardenprojekt „Stuttgart 21“ soll der Hauptbahnhof der Baden-Württembergischen Landeshauptstadt vom Kopf- zum unterirdischen Durchgangsbahnhof umgestaltet und der Flughafen an das Schienennetz angebunden werden. Zudem ist eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von Wendlingen nach Ulm geplant. (afp/ddp)