Stuttgart. .
Mehrere Hundert Demonstranten verfolgten am Mittwoch den Abriss des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Stararchitekt Frei Otto hat indes einen Stopp des Bahntunnel-Projekts gefordert - wegen massiver Sicherheitsbedenken.
Begleitet von massiven Protesten hat am Mittwoch der Abriss des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs begonnen. „Mehrere Hundert Polizeibeamte sichern das Gebäude rund um den Bauzaun ab“, sagte ein Polizeisprecher auf DAPD-Anfrage. Zudem sollten Absperrgitter die mehreren hundert Demonstranten davon abhalten, auf das Areal zu gelangen.
„Bisher sind die Abrissarbeiten ohne besondere polizeiliche Vorkommnisse abgelaufen“, fügte der Sprecher hinzu. Es hätten lediglich einige Demonstranten, die mit einer Sitzblockade den Zugang zum Gelände blockierten, weggetragen werden müssen. Wie lange die Abrissarbeiten dauern werden, war zunächst nicht bekannt. Der Abriss des Seitenflügels ist Teil der Bauarbeiten für das Bahnprojekt Stuttgart 21, das eine unterirdische Verlegung des Bahnhofs vorsieht.
Architekt fordert Baustopp wegen Sicherheitsmängeln
Die Gegner des Bahnprojekts sind wütend. „Wir sind entsetzt darüber, dass der Projektleiter der Bahn und die Deutsche Bahn generell uns angelogen haben. Es hieß immer, der Rückbau sollte behutsam vonstattengehen, jetzt wird hier aber brutal die Fassade abgerissen“, sagte Matthias von Hermann, Pressesprecher der Initiative Parkschützer. Noch am Mittwochabend sollte spontan eine Großdemonstration organisiert werden, und auch an den kommenden Tagen würden sich die Gegner mit Protesten gegen das Bahnprojekt stellen, fügte von Hermann hinzu.
Unterdessen wies der Architekt Frei Otto auf Sicherheitsmängel bei dem umstrittenen Projekt hin und forderte einen Baustopp. Im Magazin „Stern“ warnte Otto laut einer Vorabmeldung eindringlich davor, mit dem Bau des neuen Hauptbahnhofes zu beginnen. Man müsse jetzt „die Notbremse ziehen“, es gehe „um Leib und Leben“.
Otto hatte 1997 gemeinsam mit Christoph Ingenhoven den Wettbewerb für den Bau des Tiefbahnhofs gewonnen und diesen mitentworfen. Vor einem Jahr schied er aus der S-21-Projektgruppe wegen wachsender Sicherheitsbedenken aus. Er müsse nun laut werden, sagte er dem Magazin weiter: „Aus moralischer Verantwortung heraus kann ich nicht anders handeln.“
„Wie ein U-Boot aus dem Meer“
Seiner Ansicht nach kann eine Überschwemmungsgefahr entstehen. Möglich sei aber auch, dass der Bahnhof „wie ein U-Boot aus dem Meer“ aufsteigen könne. In der Erde könnten sich unkontrollierbar Krater bilden, erklärte Otto.
Dem Bericht zufolge geht aus einem geologischen Gutachten von 2003 des Ingenieurbüros Smoltczyk & Partner hervor, dass der Untergrund voller Hohlräume ist. Der Tübinger Geologe Jakob Sierich hat für das Magazin das Gutachten analysiert und kam zu dem Schluss: „Bei Stuttgart 21 geht es nicht um mögliche Risse in Häusern, es geht um mögliche Krater, in denen Häuser verschwinden können. Es geht um Menschenleben.“ (apn)