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Jedes Jahr werden 800 Millionen Euro aus öffentlichen Kassen an alleinerziehende Mütter überwiesen, weil die Väter der Kinder abgetaucht sind oder vorgeben, nicht zahlen zu können. Dagegen wird jetzt vorgegangen.

Der Staat geht massiver gegen säumige Väter vor. Landes- und Kommunalbehörden sollen das Recht erhalten, Kon­tendaten von Unterhaltspflichtigen beim Bundeszentralamt für Steuern abzurufen. Sie können so ermitteln, ob die Betroffenen Einnahmen wie zum Beispiel Kapitalzinsen verschweigen.

Nach Schätzungen geht es um bundesweit bis zu 500 000 Fälle jährlich. Jedes Jahr werden 800 Millionen Euro aus öffentlichen Kassen an alleinerziehende Mütter überwiesen, weil die Väter der Kinder abgetaucht sind oder vorgeben, überhaupt nicht oder nur teilweise zahlen zu können. Die Kommunen müssen die Hälfte dieser Summe aufbringen – und meist als Verlust zu Lasten der Steuerzahler abbuchen. Denn sie bekommen er­fahrungsgemäß nur 20 Prozent davon zurück, 2008 gerade 168 Millionen Euro.

Methode wie beim Bafög

Ein Gesetzentwurf des Bundesrates, dem die Bundesregierung vom Ziel her zu­stimmt, sieht vor, dass künftig automatisch die im Computersystem des Bundesamtes vorliegenden Finanzdaten Unterhaltspflichtiger geprüft werden. Werden dabei Freistellungsaufträge für Kapitalzinsen entdeckt oder andere Hinweise auf Anlagen, will der Staat künftig die rückständigen Zahlungen vollstrecken.

Die Methode des Kontenabrufs wird heute schon bei Bafög und Wohngeld eingesetzt. Beim Unterhaltsvorschuss gab es bislang verfassungsrechtliche Bedenken im Zusammenhang mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die können, so die Länder, mit dem neuen Gesetz überwunden werden. In Nordrhein-Westfalen werden jährlich rund 100 Millionen Euro für Unterhaltsvorschuss ausgegeben. Die Kommunen bringen die Hälfte auf, etwa 30 Prozent das Land, den Rest der Bund.

Der Verband alleinerziehender Väter und Mütter (VAMV) begrüßt den Gesetzesplan: „Wir schätzen, dass ein Drittel der Väter zahlt, ein Drittel nicht zahlen kann und ein weiteres Drittel zwar zahlen könnte, aber es nicht tut“, sagt Antje Beierling von der Landesorganisation in Essen. „Es würden endlich die belangt werden können, die sich bisher verweigern.“ Den Unterhalt zu verweigern, gelte noch viel zu oft als Kavaliersdelikt. „Da wird am Stammtisch mit geprahlt.“