Berlin. .

Das Sparpaket von rund 80 Milliarden Euro betrifft vor allem Millionen Arbeitslose, Familien, Wohngeldempfänger und Staatsdiener. Opposition und Sozialverbände haben das Sparpaket als unsozial kritisiert.

Das größte Sparpaket in der Geschichte der Republik ist unter Dach und Fach. Die Regierung hat am Montag drastische Kürzungen beschlossen. Betroffen sind Millionen Arbeitslose und Familien sowie Wohngeldempfänger und Staatsdiener. Auch die Wirtschaft muss milliardenschwere Zusatzlasten schultern. Kanzlerin Angela Merkel sprach nach der zweitägigen Kabinettsklausur von einem „einmaligen Kraftakt“. Bis 2014 müssten 80 Milliarden Euro eingespart werden.

„Es sind ernste Zeiten, es sind schwierige Zeiten“, stellte die CDU-Chefin fest. Deutschland müsse seine Staatsfinanzen sanieren, um die Stabilität des Euro und seinen Wohlstand zu sichern. Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, Deutschland habe seit langem über seine Verhältnisse gelebt.

Die größten Einschnitte gibt es bei den Sozialausgaben, die den dicksten Posten im Bundeshaushalt ausmachen. So werden Hartz-IV-Empfänger künftig nicht mehr rentenversichert. Auch der befristete Zuschlag beim Übergang vom Arbeitslosengeld I in das Hartz IV fällt weg. Zudem bekommt die Bundesagentur für Arbeit mehr Ermessensspielraum und kann künftig selbst über Sinn und Zweck von Förderprogrammen oder Eingliederungshilfen entscheiden. Das Sparpotenzial insgesamt: Im ersten Jahr 4,3 Milliarden Euro, in der Endstufe ab 2014 rund 10,2 Milliarden Euro.

Stellenabbau in der Bundesverwaltung

Auch der Wirtschaft werden Milliardensummen abverlangt. So soll die Atomindustrie ab 2011 jährlich eine neue Steuer von 2,3 Milliarden Euro pro Jahr zahlen. Ausnahmen bei der Ökosteuer, die zu Mitnahmeeffekten geführt haben, werden reduziert. Dies bringt dem Fiskus gut eine Milliarde Euro pro Jahr ein.

Für Flüge, die von einem inländischen Airport abgehen, wird schon ab 2011 eine „ökologische Luftverkehrsabgabe“ fällig, die jährlich eine Milliarde Euro in die Staatskasse lenkt.

Und auch in der Bundesverwaltung wird der Rotstift angesetzt: Bis 2014 sollen dauerhaft zwischen 10.000 und 15.000 Stellen abgebaut werden. Das Militär muss zudem 2013 und 2014 seinen Etat um vier Milliarden Euro eindampfen.

Opposition und Sozialverbände geißelten die Sparpläne als unausgewogen, unsozial und ökonomisch unsinnig. Linke und SPD kündigten harten Widerstand an. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte vor einem Auseinanderbrechen der Gesellschaft. Die Gewerkschaften riefen zu Demonstrationen am Samstag in Stuttgart, Berlin und anderen Städten auf.

„Niemand spart gerne“

Westerwelle sagte zu der Kritik, niemand spare gern, doch sei es notwendig. Die Staatsausgaben müssten wieder den Einnahmen folgen. Die Beschlüsse nannte er ehrgeizig, umfassend und solide, aber auch ausgewogen, fair und gerecht. Den Vorwurf, die Koalition gehe beim Kürzen mit der Machete vor, konterte Westerwelle mit dem Hinweis: „80 Milliarden sparen Sie auch nicht mit der Nagelschere.“

Merkel sagte laut Teilnehmerkreisen nachmittags bei der Sitzung der Unionsfraktion: „Seit Ostern hat es ja keine leichten Wochen gegeben. Aber die letzte Woche war noch eine Steigerung.“

Das zehnseitige Eckpunktepapier trägt die Überschrift „Die Grundpfeiler unserer Zukunft stärken“. Danach wird auch das Elterngeld für Hartz-IV-Familien wird abgeschafft. Sie erhalten bislang bis zu 300 Euro für maximal 14 Monate. Der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger, der 2009 wegen der hohen Energiekosten eingeführt worden war, wird ebenfalls wieder gestrichen.

Beratungen im Parlament ab Mitte August

Nur leichte Kürzungen beschloss die Regierung dagegen für besserverdienende Eltern: Die Lohnersatzrate für Mütter oder Väter, die vor der Babypause mehr als 1.240 Euro netto verdient haben, soll von 67 auf 65 Prozent sinken. Der Höchstbetrag von 1.800 Euro Elterngeld bleibt erhalten.

Die Details sollen zusammen mit der Aufstellung des Etats 2011 bis Anfang Juli ausgearbeitet werden. Mitte August wird das Parlament damit befasst. (apn)