Berlin. .
Der Bundespräsidentschaftskandidat von SPD und Grünen, Joachim Gauck, warnt vor Parteienschacher um das Amt. Der Ex-Bürgerrechtler will Menschen Mut machen und versöhnen. Laut Umfrage liegt derzeit Christian Wulff in der Gunst der Bevölkerung knapp vorn.
Der Bundespräsidentenkandidat von SPD und Grünen, Joachim Gauck, warnt vor Parteienschacher um das höchste Staatsamt. „Es geht in dem Amt, für das ich kandidiere, darum, Mut zu machen und zu versöhnen. Deshalb ist es gut, wenn der Bundespräsident mitten aus dem Volk kommt. So wichtig Parteien sind, dieses Amt sollte keine Beute von Parteien sein“, sagte Gauck. Dessen Konkurrent, der als Favorit geltende Kandidat der schwarz-gelben Koalition, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), sieht sich trotz Parteibindung als „breit wählbar“ an. Er wolle Menschen zusammenführen, Brücken bauen und Gegensätze überwinden. Einer Emnid-Umfrage zufolge liegt Wulff in der Gunst der Bevölkerung nur knapp vor Gauck.
Der ehemalige Chef der Stasi-Unterlagenbehörde empfindet sich als der bessere Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten. Dies begründete Gauck so: „Ich habe die Gabe, Menschen zu ermutigen und sie dazu zu bringen, sich nicht von ihrer Angst bestimmen zu lassen. Wir sind geschaffen, für die Gemeinschaft Verantwortung zu übernehmen und nicht nach dem Prinzip „Ich darf alles“ zu leben.“
Seine Nominierung begreift der ehemalige DDR-Bürgerrechtler als „Signal der Öffnung“. Zugleich räumte er Differenzen zu SPD und Grünen ein. Er wisse, „dass in beiden Parteien auch linke Positionen vertreten werden, die nicht völlig zu meinen politischen Grundüberzeugungen passen“, sagte Gauck. Für ihn sei der Wert der Freiheit von allergrößter Bedeutung. Das sehe man im linken Spektrum zuweilen ganz anders, weil dort Werte wie Solidarität und staatliche Fürsorglichkeit vertreten würden.
Schwung in die Diskussion bringen
Zur schwierigen Haushaltssituation und der Staatsverschuldung sagte Gauck, es sei nicht zu erwarten, dass Politiker die Motoren dieser „dringend notwendigen öffentlichen Debatte sein werden“. Die Politik müsse lernen, deutlich über den nächsten Wahltermin hinaus zu denken. Es sei Aufgabe der Bürger und Intellektuellen, Schwung in diese Diskussion zu bringen. Die Politik stehe öffentlichen Konflikten ungeheuer furchtsam gegenüber.
Wulff geht trotz der Mehrheit von Union und FDP in der Bundesversammlung nicht von einem sicheren Sieg bei der Wahl zum Staatsoberhaupt am 30. Juni aus. „Es kommt auf die Geschlossenheit von CDU, CSU und FDP an. Sicher bin ich mir erst, wenn die Mehrheit verkündet ist“, sagte er. In ostdeutschen FDP-Landesverbänden gibt es Kritik an der Nominierung Wulffs und Sympathie für Gauck.
Ein Wahlsieg wäre für Wulff nicht das wichtigste politische Ereignis seines Lebens. „Für mich bleibt die Deutsche Einheit das größte politische Ereignis in meinem Leben.“ Der Ministerpräsident fühlt sich durch seine Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten von Union und FDP, geehrt: „Die Perspektive für ein solches Amt eröffnet zu bekommen, zeugt von großem Vertrauen und ist eine Ehre.“ Einen guten Bundespräsidenten zeichnet nach Ansicht Wulffs die Nähe zu den Menschen aus: „Er muss überparteilich, bürgernah sein und zuhören können.“
Einer Emnid-Umfrage zufolge liegt Wulff in der Gunst der Bevölkerung nur knapp vor Gauck. 41 Prozent der Bundesbürger sind danach für den niedersächsischen Ministerpräsidenten als nächstes Staatsoberhaupt. 32 Prozent sind für Gauck. Nach Überzeugung von 83 Prozent der Bundesbürger wäre es besser gewesen, Horst Köhler wäre im Amt geblieben. Nur 11 Prozent fanden das nicht. Emnid hatte am Freitag insgesamt 501 Personen befragt. (ddp)