Karlsruhe. .

Die Staatsanwaltschaft fordert für den ehemaligen SPD-Politiker Tauss eine Bewährungsstrafe von 15 Monaten. Der 56-Jährige soll mehr als 200 Kinderpornos besessen haben, „um sich sexuell zu erregen“, glaubt die Staatsanwältin.

Im Prozess gegen den früheren SPD-Politiker Jörg Tauss wegen des mutmaßlichen Besitzes von Kinderpornografie hat die Staatsanwaltschaft eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten gefordert. Die Verteidigung plädierte dagegen am Donnerstag vor dem Landgericht Karlsruhe auf Freispruch, weil Tauss das Material für seine politische Arbeit als Internetexperte benötigt habe. Das Urteil wird für Freitag erwartet.

Nach Ansicht von Staatsanwältin Stephanie Egerer-Uhrig spricht im Fall Tauss „die Gesamtheit aller Umstände“ dafür, dass sich der 56-Jährige mehr als 200 kinder- und jugendpornografische Bilder und Videos verschafft habe, „um sich sexuell zu erregen“. Egerer-Uhrig bezeichnete die Darstellung des Angeklagten als „widerlegt“, er habe Vertriebewege recherchiert, um zu beweisen, dass Internetsperren unnötig seien, weil sich der Versand vom Internet auf SMS und die Post verlagert habe.

Kinderpornos in der Privatwohnung

Der Anklage zufolge führte Tauss während seiner angeblichen zweijährigen Recherchen keinerlei Dokumentation über seine Erkenntnisse. Zudem habe er nicht einmal sein engstes Umfeld informiert, obwohl er angeblich davon ausgegangen sei, als Bundestagsabgeordneter rechtmäßig gehandelt zu haben. Gegen Tauss’ Schutzbehauptung spreche zudem, dass er die Kinderpornos nicht in seinem Büro, sondern in seiner Privatwohnung aufbewahrt habe. Selbst nach dem Fund des Materials habe er gegenüber der Polizei noch nicht von Recherchen gesprochen. „Es war nicht so, dass Tauss als Robin Hood der Freiheitsrechte durch die Gegend ritt“, sagte Egerer-Uhrig.

Beteuert seine Unschuld: der frühere SPD-Politiker Jörg Tauss. Foto: apn
Beteuert seine Unschuld: der frühere SPD-Politiker Jörg Tauss. Foto: apn © APN

Die geforderte Bewährungsstrafe begründete sie damit, dass Tauss durch das öffentliche Verfahren „bereits erheblich betroffen“ sei und nicht nur sein Bundestagsmandat, sondern auch seine Reputation verloren habe. Tauss solle aber zusätzlich 6000 Euro unter anderem an eine Hilfsorganisation für missbrauchte Jungen zahlen, verlangte die Staatsanwältin.

Tauss“ Verteidiger plädierten dagegen auf Freispruch und warfen der Staatsanwaltschaft zudem vor, sie habe durch die Weitergabe von Details an die Medien an Tauss „eine soziale Exekution befördert“.

„Verdienter Volksvertreter“

Anwalt Jan Mönikes argumentierte, dass Tauss die Pornos zunächst wegen der Diskussion um Internetsperren im Jahr 2007 besorgt habe. Dabei habe er sich auf eine Klausel des Strafgesetzbuches berufen dürfen, wonach das „Sichverschaffen“ von kinderpornografischen Schriften nicht strafbar ist, „wenn es der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher und beruflicher Pflichten dient“.

Mönikes, der Büroleiter von Tauss in Berlin war, bezeichnete seinen Mandanten überdies als einen „verdienten Volksvertreter“. Ihm könne zwar „ein ungeschicktes, vielleicht zweifelhaftes oder sogar dummes, aber eben nicht vorsätzlich strafbares Verhalten“ vorgeworfen werden.

Tauss war im Juni vergangenen Jahres aus der SPD ausgetreten und in die Piratenpartei gewechselt. Er verzichtete zugleich auf eine erneute Kandidatur für den Bundestag bei der Wahl im vergangenen September. (afp)