Karlsruhe. .
Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss steht seit Dienstag vor dem Landgericht Karlsruhe. Tauss, inzwischen zur Piratenpartei gewechselt, ist wegen Kinderpornografie angeklagt.
Wegen Verdachts des strafbaren Umgangs mit Kinderpornografie muss sich der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss seit Dienstag vor Gericht verantworten. Die Anklage wirft dem 56-Jährigen Besitz und Weitergabe von Kinder- und Jugendpornografie vor. Der Prozess gegen den Ex-Abgeordneten, der inzwischen Mitglied der Piratenpartei ist, findet vor der Zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe statt. Tauss führt Recherchetätigkeit als Abgeordneter als Grund für den Besitz von Kinderpornografie an.
Der Fall hatte im vergangenen Jahr für großes Aufsehen gesorgt. Tauss soll sich zwischen Mai 2007 und Januar 2009 in 90 Fällen Bild- und Videodateien verschafft und auf seinem Handy abgespeichert haben. Im März 2009 wurde bei einer Durchsuchungsaktion Material in seiner Berliner Abgeordnetenwohnung sichergestellt. Tauss erklärte, er habe in der Szene recherchieren, einen Kinderpornoring sprengen und nachweisen wollen, dass die Weitergabe des illegalen Materials nicht mehr über das Internet, sondern über Handy und Post erfolge. Als Abgeordneter, der über Internetsperren abstimmen sollte, habe er sich zur Recherche berechtigt gesehen.
Staatsanwältin Stephanie Egerer-Uhrig verlas am Dienstagmorgen eineinhalb Stunden lang die Anklage. Danach empfing Tauss von 2007 bis 2009 Bilddateien und Videosequenzen mit harter Kinder- und Jugendpornografie. Weiter wurden am 5. März 2009 in Tauss“ Berliner Abgeordnetenwohnung drei DVDs mit einer Spieldauer von fast vier Stunden sichergestellt, auf denen sich ebenfalls harte Pornografie mit Kindern und Jugendlichen befand.
Piratenpartei kritisiert Vorverurteilung
Neben dem Besitz und Verschaffen von Kinderpornografie wirft die Anklage Tauss auch die Weiterleitung mehrerer Bilddateien vor. Für den Besitz kinderpornografischen Schriften liegt der Strafrahmen zwischen einer Geldstrafe und zwei Jahren Freiheitsstrafe, bei der Verbreitung gilt eine Mindeststrafe von drei Monaten, die aber auch bis zu zwei Jahren betragen kann.
Die Strafkammer hat fünf Verhandlungstage angesetzt. Geleitet wird das Verfahren von dem Vorsitzenden Richter Udo Scholl. Weiter besteht die Große Strafkammer aus einer Berufsrichterin und zwei Schöffinnen.
Die Piratenpartei kritisierte eine zunehmende mediale Vorverurteilung bei Prominenten. Die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils sei ein Grundpfeiler des Rechtsstaats, dessen „zunehmende Beschädigung“ sei mit Sorge zu betrachten. Im Fall Tauss sei nicht nur die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft Karlsruhe „völlig inadäquat und höchst fragwürdig“ gewesen.
Die Staatsanwaltschaft war in dem Fall von Beginn an der Kritik ausgesetzt, sie gehe zu offensiv an die Öffentlichkeit. Die Piratenpartei sieht darin eine generelle Tendenz: „Ganz offensichtlich versuchen Staatsanwaltschaften, Prozesse mit zunehmender Tendenz vorzuinszenieren. Dieses Vorgehen muss gestoppt werden.“ Sie verwies auf die Fälle der „No Angels“-Sängerin Nadja Benaissa und der TV-Moderatoren Andreas Türck und Jörg Kachelmann.
Zudem kritisiert die Piratenpartei, dass die „richtige und wichtige Bekämpfung der Pornografie mit Kindern“ mittlerweile „wichtigste Waffe der Befürworter einer Umwandlung unseres Rechtsstaates in einen Präventionsstaat“ sei und zweckentfremdet werde. (apn)