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Der Staat will massiver gegen Rockerbanden vorgehen. Ein Verbot der Gangs rückt näher. Bund und Länder machen den „Rockerkrieg“ zwischen Hells Angels und Bandidos, der bisher mehrere Todesopfer gefordert hat, damit zur politischen Chefsache.
Die Bundesregierung hat das Bundeskriminalamt (BKA) beauftragt, ein Lagebild zu erstellen, was sonst nur bei Terror-Verdacht oder Mafia-Umtrieben geschieht. Die Innenminister der Länder bemühen sich parallel, den Nachweis zu führen, dass es sich bei den Banden Hells Angels und Bandidos um „kriminelle Organisationen“ handelt. Nur so lässt sich ein Verbot begründen.
Die Mainzer Landesregierung hat die Verbotsdebatte angestoßen, nachdem ein Rocker im rheinland-pfälzischen Anhausen Mitte März den 42-jährigen Beamten eines Sondereinsatzkommandos der Polizei erschossen hatte. Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) will einen Verbotsantrag unter der Voraussetzung befürworten, dass das Verbot bundesweit gilt. In Duisburg hatte ein Hells Angel ein Mitglied der konkurrierenden Bandidos getötet. Möglich ist, dass sich schon die nächste Innenministerkonferenz im Mai mit dem Komplex befasst.
Die Signale für eine schärfere Gangart gegen Hell’s Angels und Bandidos verstärken sich. „Es muss hieb- und stichfest bewiesen werden, dass wir es mit kriminellen Organisationen zu tun haben. Das kann gelingen“, sagt der innenpolitische Experte der SPD-Landtagsfraktion in NRW, Karsten Rudolph.
„Türöffner in rechtsfreie Räume“
Nach Rudolphs Einschätzung wird den Länderinnenministern gerade klar, dass die Banden ihre Aktivitäten immer mehr ausweiten. Geografisch von Skandinavien über Norddeutschland und NRW bis jetzt nach Rheinland-Pfalz, in der Sache durch einen Einstieg als Türsteher in die Disco-Szene und als Mitarbeiter der Sicherheitsbranche. Rudolph zur WAZ: „Sie nutzen dies als Türöffner in rechtsfreie Räume“.
Hells Angels und Bandidos werden bundesweit etwa je 1000 Mitglieder zugerechnet. Sie sind militärisch aufgebaut. Es gilt das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Experten glauben, dass sich hier nicht nur etwas verrückte, aber harmlose Motorrad-Fans treffen, die sich ab und an Schlägereien liefern, sondern dass sie Teil einer kriminellen Szene mit Verbindungen zu Prostitution, Drogen- und Waffenhandel sind.
Noch offen: In wie weit Rockerbanden von der rechtsextremen Szene in Beschlag genommen werden. Das Bundesinnenministerium hat aber „keine Erkenntnisse über eine systematische Unterwanderung“, hieß es kürzlich im Innenausschuss des Bundestages. Auch der SPD-Politiker Karsten Rudolph sieht dafür keinen Beleg: „Im Gegenteil. Die Vereine versuchen, Rechtsextreme herauszuhalten, um sich nicht noch mehr angreifbar zu machen und um eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu verhindern“.