Kabul. .

In Afghanistan sind mehrere ausländische Ärzte getötet worden. Unter ihnen soll auch ein Deutscher oder eine Deutsche sein.Eine Bestätigung des Auswärtigen Amtes gibt es bisher allerdings noch nicht.

Die radikalislamischen Taliban haben sich zu der Erschießung von ausländischen Ärzten im Norden Afghanistans bekannt. Die Rebellen hätten „neun christliche Missionare“ getötet, die Bibeln mit sich geführt hätten, sagte ein Taliban-Sprecher der Nachrichtenagentur AFP - ein Vorwurf, der oft Bestandteil der Taliban-Propaganda ist. Ob es sich bei den Tätern tatsächlich um Taliban handelt, ist noch nicht klar. Nach Informationen, die DerWesten aus Sicherheitskreisen erhielt, gibt es aber auch Indizien, die für einen Raubüberfall sprechen.

Zunächst war von sechs Deutschen unter den Opfern die Rede gewesen, derzeit nur noch von einem. Eine offizielle Bestätigung für die Identität der Toten gibt es bisher allerdings nicht - weder vom Auswärtigen Amt noch aus dem ISAF-Hauptquartier. „Wir haben über eine Gruppe von Ärzten in dem Gebiet keinerlei Informationen“, heißt es aus deutschen Sicherheitskreisen vor Ort.

Offenbar Augenärzte einer Hilfsorganisation

Im Norden Afghanistans waren zuvor nach Polizeiangaben die Leichen von zehn Ärzten entdeckt worden. Sie seien in der Provinz Badachschan durch Schüsse getötete worden, sagte der Chef der Polizei des Gebiet. Unbestätigten Angaben zufolge waren es sechs US-Bürger, ein Deutscher, ein Brite und zwei Afghanen. Der einzige Überlebende habe berichtet, dass die Gruppe vor allem aus Augenärzten bestanden habe, und auf dem Weg in die Nachbarprovinz Nuristan gewesen seien.

Offenbar waren die Getöteten Augenärzte im Auftrag der Hilfsorganisation „International Assistance Mission (IAM). In einer Stellungnahme auf der Homepage der Organisation heißt es, es sei wahrscheinlich, dass die Opfer IAM-Mitarbeiter seien. Einige von ihnen seien bereits seit Jahrzehnten in Afghanistan im Einsatz gewesen.Die IAM ist eine der etabliertesten Hilfsorganisationen. Sie ist dort bereits seit den 60er Jahren im Einsatz.

Die Mediziner seien am letzten Tag der Reise von einer Gruppe Bewaffneter angehalten worden. Diese hätten sie in einer Reihe aufgestellt und erschossen. Eine Sprecherin der US-Botschaft in Kabul sagte der Nachrichtenagentur Reuters, mindestens acht Ausländer seien erschossen worden.

Unwegsames Gelände

Der Tatort liegt im Distrikt Kuran Wa Mundschan, etwa auf halber Strecke zwischen Faisalbad und Kabul. Das Gelände dort ist extrem unzugänglich. Per Helikopter sind derzeit westliche Offizielle aus Kabul unterwegs, um vor Ort mehr herauszufinden und den Tathergang zu rekonstruieren.

Der Vorfall dürfte die Debatte um die Zukunft der Bundeswehr in Afghanistan erneut anheizen. Die Provinz Badachschan gilt nach offizieller Lesart als sicher - und damit als Region, in der die Kontrolle über die Sicherheit aus den Händen der Bundeswehr in die afghanischer Truppen übergeben werden könnte. Diese Einschätzung ist nach den aktuellen Vorfällen nun fraglich.

Seit 2004 ist Deutschland die tonangebende Schutz- und Aufbaumacht in der Provinz Badachschan, die im Norden an Tadschikistan, im Südosten an Pakistan und im äußersten Osten an China grenzt. Im Talkessel von Faisabad tun rund 500 Bundeswehrsoldaten Dienst, die meisten sechs Monate am Stück, geschützt von einer mongolischen Einheit.

„Es gibt immer noch unendlich viel zu tun“, sagt ein Diplomat, der nicht zitiert werden möchte. Nur 13 Prozent der gut 1,2 Millionen Einwohner der Provinz haben frisches Wasser, nur vier Prozent Elektrizität. Neben 70 Prozent Analphabeten bereitet den Hilfsorganisationen die weltweit höchste Müttersterblichkeitsrate Sorgen. (diha/afp/reuters)