Berlin. .

Die großen in den Parlamenten vertretenen Parteien in Deutschland arbeiten mit Etats im Bereich mittelständischer Unternehmen. Mitgliederbeiträge, Spenden, Abgaben der Abgeordneten und sonstige Geschäfte finanzieren ihre Arbeit.

Die rote Fahne auf dem Dach des schmucken Neubaus in Berlin-Kreuzberg weist den Weg zur Parteizentrale der SPD. In der vierten Etage des Willy-Brandt-Hauses sitzt die Schatzmeisterin Barbara Hendricks in einem nüchtern eingerichteten Büro. Die neuesten Nachrichten laufen über den Bildschirm des Fernsehers in der Ecke.

Die 57-jährige Politikerin aus Kleve muss wie die Schatzmeister aller Parteien vieles im Blick behalten. Eine Partei muss kampfstark bleiben, gerade in Wahlkampfzeiten. Als Staatssekretärin im Finanzministerium hat Hendricks gezeigt, dass sie mit Zahlen umgehen kann. Das ist im Unternehmen Partei auch nötig. 2008 nahmen die Sozialdemokraten 167 Millionen Euro ein, soviel wie ein größeres, mittelständisches Industrieunternehmen. In den letzten Jahrzehnten ist die Parteienfinanzierung immer wieder ins Gerede gekommen, zuletzt in der sogenannten Sponsoring-Affäre, die vor allem der CDU angelastet worden war. Der daraus entstehende Imageverlust aber trifft alle Parteien. Die Affären stellen die Unabhängigkeit der Parteien von der Wirtschaft in Frage.

Der Anteil von Firmenspenden schwankt je nach Partei sehr: von 0,43 Prozent (Linke) bis zwölf Prozent (CSU). Das Gros der Einnahmen machen bei allen Parteien die Mitgliedsbeiträge aus. Die Spanne reicht von knapp 40 Prozent (Linke) bis knapp 20 (CSU). Mitgliederverluste wie bei der SPD, seit 1990 rund 40 Prozent, ziehen enorme Einnahmeverluste nach sich. 46 Millionen Euro spülen die Genossen jetzt noch in die Kasse. Rund zwölf Millionen nimmt die Partei durch Beteiligungen und Vermögenswerte ein. Entsprechend vielseitig ist das Arbeitsgebiet der Schatzmeisterin. „Spenden werben ist nicht meine Hauptaufgabe“, sagt Hendricks.

Die SPD hält Anteile an einem guten Dutzend Tageszeitungen und einigen Druckhäusern, darunter Minderheitsanteile der Westfälischen und Frankfurter Rundschau. Die eigene wirtschaftliche Tätigkeit unterscheidet die SPD von den anderen Parteien. Bei der CDU spielen Firmenspender eine größere Rolle. Die Christdemokraten haben 2008 insgesamt 148 Millionen Euro eingenommen, sieben Millionen davon kamen aus Unternehmen.

Die hohen staatlichen Zuschüsse der Parteien erklären sich aus dem Auftrag des Grundgesetzes. Sie sollen die politische Bildung und Meinungsbildung befördern. Für die ersten vier Millionen Wählerstimmen gibt es 85 Cent, für jede weitere 70. Allerdings müssen sie einen Stimmanteil von 0,5 Prozent bei bundesweiten Wahlen oder einem Prozent bei Landtagswahlen überschreiten. Das lausige Wahlergebnis bei der Bundestagswahl macht der SPD schwer zu schaffen – 3,5 Millionen Euro gab es weniger.

Das System der Parteienfinanzierung hat viele Kritiker. „Große Geldsummen fließen nicht aus Wohltätigkeitsgründen“, so LobbyControl-Geschäftsführerin Heidi Klein. Die Gesetzgebung werde wohl nicht direkt beeinflusst, doch die Pflege der politischen Landschaft zahle sich aus. Kritiker fordern mehr Transparenz. Spenden und Sponsoreneinnahmen sollen gedeckelt, das Aufkommen durch eine Kommission kontrolliert werden. Der baden-württembergische Ex-Wirtschaftsminister Dieter Spöri (SPD) fordert das Verbot von Firmenspenden, damit erst gar nicht der Anschein von Käuflichkeit erweckt wird. Die politische Arbeit müsse nicht darunter leiden. Spöri: „Je mehr der Aufwand für Parteiapparate und Werbebudgets gestiegen ist, desto unterschiedloser wurden die Positionen der Parteien.“