Santiago de Chile. .
Nach dem schweren Erdbeben vor der chilenischen Küste ist am Samstag eine 2,3 Meter hohe Flutwelle über die Stadt Talcahuano hereingebrochen. Die Behörden gaben eine Tsunami-Warnung für den Pazifik-Raum aus. Das Beben forderte in Chile bisher 82 Tote.
Das schwerste Erdbeben in Chile seit einem halben Jahrhundert hat am Samstag mindestens 82 Menschen das Leben gekostet und große Schäden an Gebäuden und Infrastruktur angerichtet. Präsidentin Michelle Bachelet rief für die Regionen um das Epizentrum des Bebens der Stärke 8,8 in der Landesmitte den Katastrophenzustand aus. Es sei damit zu rechnen, dass sich die Zahl der Opfer noch erhöhen werde, sagte sie. Besonders betroffen war die Großstadt Concepción. Überdies wurde eine Tsunami-Warnung für weite Gebiete des pazifischen Raums herausgegeben.
Eine erste Tsunami-Welle hatte am Samstag elf Küstenstädte getroffen, darunter die Stadt Talcahuano erreicht. Das gab das US-Tsunami-Warnzentrum für den Pazifik (NOAA) in Washington bekannt. Talcahuano liegt an einer Pazifik-Bucht nördlich der chilenischen Stadt Concepción. Berichte aus Talcahuano lagen zunächst nicht vor.
Gewaltigem Erdstoß folgten zahlreiche Nachbeben
Das chilenische Innenministerium gab die Zahl der Erdbebentoten am Samstagnachmittag (MEZ) mit 82 an. In weiten Teilen des Pazifik-Raums - bis hin nach Australien, Neuseeland und Hawaii - wurde vor einem Tsunami gewarnt. Dieser könnte noch viele Stunden später auf die Chile zugewandten Küsten am Pazifik treffen. Das Erdbeben ereignete sich nach Angaben der US-Erdbebenwarte (USGS) um 03.34 Ortszeit (07.34 Uhr MEZ) etwa 90 Kilometer von Concepción entfernt in 35 Kilometer Tiefe.
Das Zentrum des Bebens lag 115 Kilometer von der zweitgrößten Stadt Concepción entfernt, in der mehr als 200.000 Menschen leben. Das Fernsehen zeigte Bilder von eingestürzten Wohnhäusern und Verletzten, die auf der Straße oder auf Tragen lagen. Ein großes Gebäude stand in Flammen. Den Berichten zufolge wurden viele Straßen zerstört, die Strom- und Wasserversorgung war unterbrochen. In der Küstenstadt Santo Domingo im Raum Valparaiso stürzten nach Angaben eines Einwohners 40 Gebäude ein, über Todesopfer war zunächst nichts bekannt.
Innenminister Edmundo Perez Yoma sprach von einem verheerenden Erdbeben. Auf den zu Chile gehörenden Robinson-Crusoe-Inseln sei eine riesige Welle an Land geschwappt, erklärte Präsidentin Bachelet. Berichte über größere Schäden auf den Inseln lagen zunächst aber nicht vor.
Das Beben ereignete sich um 03.34 Uhr Ortszeit (07.34 Uhr MEZ) rund 320 Kilometer südwestlich von Santiago in einer Tiefe von knapp 35 Kilometern. In der Hauptstadt schwankten für eineinhalb Minuten Gebäude, einige stürzten ein, darunter der Glockenturm einer Kirche. In einigen Vierteln fiel der Strom aus. Telefonverbindungen im gesamten Land waren unterbrochen. Mehrere Krankenhäuser wurden laut Bachelet wegen Erdbebenschäden evakuiert. Auf den gewaltigen Erdstoß folgten zahlreiche Nachbeben, von denen 21 die Stärke 5,0 oder mehr hatten, wie die US-Erdbebenwarte mitteilte. Eines der Nachbeben erreichte sogar die Stärke 6,9.
Viele Gebiete waren noch von der Außenwelt abgeschnitten. Das chilenische Fernsehen zeigte aus Santiago Bilder zerstörter Häuser, beschädigter Autos und von Trümmern übersäter Straßen. Dutzende Menschen irrten durch die Straßen. Das zweigeschossige Parkhaus eines Mietshauses fiel in sich zusammen und begrub etwa 50 Autos unter sich. Am Rand von Santiago stürzte eine Brücke ein. Der Flughafen von Santiago wurde geschlossen. Das Passagierterminal sei bei dem Beben schwer beschädigt worden, sagte Flughafendirektor Eduardo del Canto im Fernsehen.
Bisher keine Hinweise auf deutsche Erdbeben-Opfer
Der Erdstoß war nach Behördenangaben entlang des Gebirgszugs der Kordilleren auch in Argentinien zu spüren. In der Hauptstadt Buenos Aires und in Córdoba schwankten Gebäude. Schäden oder Verletzte habe es aber nicht gegeben, sagte ein Sprecher der Stadtregierung von Buenos Aires.Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach dem chilenischen Volk seine Anteilnahme aus.
Hinweise auf deutsche Opfer lagen zunächst nicht vor, wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin mitteilte. Die deutsche Botschaft vor Ort sei eingeschaltet. Das Auswärtige Amt kündigte die Entsendung eines Erkundungsteams des Technischen Hilfswerks nach Chile an.Das stärkste jemals registrierte Beben wurde am 22. Mai 1960 ebenfalls in Chile gemessen. Bei dem Erdstoß der Stärke 9,5 kamen damals 1.655 Menschen ums Leben, zwei Millionen wurden obdachlos. Der davon ausgelöste Tsunami tötete Menschen in Hawaii, Japan und auf den Philippinen, an der Westküste der USA richtete er Schäden an. (apn/afp)