Brüssel. .
Wettbewerber von Google haben sich bei der EU-Kommission beschwert: Der Konzern stuft Konkurrenz-Angebote angeblich willkürlich in seinen Ergebnislisten herab. Es geht um Milliarden und ums Eingemachte: Möglicherweise muss das Unternehmen seine Suchkriterien offenlegen.
Google hat mal wieder Ärger mit den Behörden. Das ist eigentlich nichts besonderes. Aber dieses Mal geht es kaufmännisch gesehen ans Eingemachte. Denn der Streit dreht sich nicht um Urheberrechte oder Datenschutz, nicht um eingescannte Bücher oder abgefilmte Straßenzüge. Sondern um den Kern des Kerngeschäfts: den Algorithmus der Suchmaschine – also die Handlungsanleitung, unter der die Treffer bei einer Internet-Suche geordnet werden.
85 Prozent Marktanteil
10 Tipps für Google
Drei Wettbewerber von Google haben sich bei der EU-Kommission über den US-Konzern und seine Geschäftspraktiken beschwert. Im Zentrum der Anschuldigungen, die alle Beschwerdeführer unabhängig voneinander erhoben haben, steht der Vorwurf, dass Google seine Marktmacht missbraucht – und die ist gewaltig. Rund um den Erdball hat die Suchmaschine einen geschätzten Marktanteil von 85 Prozent. Unternehmen, die an vorderster Stelle angezeigt werden, wenn ein Internet-Nutzer bei Google Suchbegriffe eingibt, haben einen unschätzbaren wirtschaftlichen Vorteil. Anbieter von Dienstleistungen, deren Eintrag auf den hinteren Plätzen landet, womöglich sogar erst auf der zehnten Seite, haben wiederum ein gewaltiges Problem, Interessenten auf sich aufmerksam zu machen.
Der Preisvergleich-Dienst Foundem beschuldigt den US-Konzern, heimlich konzerneigene Angebote zu bevorzugen. „Google zeigt auf den ersten Plätzen die eigenen Produkte, ohne sie allerdings als Google-Service auszuflaggen“, ärgert sich Shivaun Raff, Vorstandschefin und Gründerin von Foundem. Die Firma ist eine sogenannte vertikale Suchmaschine, die gezielt Teile des weltweiten Web abfragt und sich auf bestimmte Themen konzentriert. Raff beklagt, Foundem sei absichtlich von Google benachteiligt worden – einerseits durch Strafversetzung in der Rangliste als auch durch eklatante Preiserhöhungen für Werbebanner, die zielgerichtet genau bei der Abfrage bestimmter Suchbegriffe aufleuchten.
Mit Monopolen geht die Kommission nicht zimperlich um
Google, so schimpft Raff, nutze seine marktbeherrschende Stellung aus, um sich Wettbewerbsvorteile auf allen möglichen anderen Märkten zu sichern. „Wenn man diese Geschäftspraktiken nicht verbietet, wird der Konzern irgendwann auch die Märkte für Finanzportale, Wohnungsmärkte, Autoanzeigen und soziale Netzwerke dominieren“, warnt die Managerin.
Eine solche Kette von Monopolen soll die EU-Kommission verhindern, fordert Raff. Sie hofft darauf, dass Brüssel ein Wettbewerbsverfahren gegen Google startet und das Unternehmen zu mehr Transparenz zwingt. Kunden müssten wissen, wann sie auf Google-Dienste geleitet werden und Konkurrenten und Behörden müsse mehr Einblick in den Algorithmus gewährt werden. Nur so sei es möglich, zu überprüfen, ob die Regeln, nach denen die Einträge geordnet werden, mit den Gesetzen des Binnenmarkts vereinbar sind.
Allein die Tatsache, dass die EU-Kommission die Beschwerden gegen Google gebündelt hat und nun über die Eröffnung einer formellen Prüfung nachdenkt, dürfte bei Google zur Besorgnis führen. Schließlich hat die EU-Kommission wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie gerade mit großen Unternehmen keineswegs zimperlich umgeht – Microsoft, Intel oder Mastercard können davon ein Lied singen. Theoretisch drohen Google Milliardenstrafen. Oder was für das Unternehmen womöglich kaufmännisch noch schmerzhafter wäre: eine erzwungene Umstellung der Ordnungsvorgaben für die Suchmaschine.