Düsseldorf. .

In der Sponsoring-Affäre hält Ministerpräsident Jürgen Rüttgers weiterhin an der Aussage fest, nichts von den angebotenen Gesprächen gegen Geld gewusst zu haben. Eine E-Mail, die am Mittwoch aufgetaucht ist, könnte den Druck auf Rüttgers jedoch erhöhen.

In der Sponsoring-Affäre um Ministerpräsident und CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers hat der designierte neue CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid den Regierungschef verteidigt. Es habe im Umfeld von Parteitagen und Zukunftskongressen keine Gespräche gegen Geld mit Sponsoren gegeben, sagte der Europaminister am Donnerstag bei einer Sondersitzung des Hauptausschusses im Düsseldorfer Landtag. Dies gelte auch für alle anderen Kabinettsmitglieder. „Es hat solche bezahlten Termine nicht gegeben und es wird sie nicht geben.“

Krautscheid wird Wüsts Nachfolger

Solche Gespräche seien bei der Durchsicht der Termine von Regierungsmitgliedern bei Parteiveranstaltungen, darunter Landesparteitage und von der NRW-CDU veranstaltete Zukunftskongresse, nicht festgestellt worden. Auslöser der Affäre knapp elf Wochen vor der NRW-Wahl waren Werbebriefe der Landes-CDU an potenzielle Sponsoren des bevorstehenden Landesparteitags im März. Darin waren Unternehmern für 6000 Euro vertrauliche Gespräche mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) auf dem Parteikongress angeboten worden.

Rüttgers hatte dazu erklärt, er habe die Briefe nicht gekannt und den damaligen CDU-Landesgeneralsekretär Hendrik Wüst angewiesen, die Aktion sofort zu beenden. Wüst war am Montag wegen der Affäre zurückgetreten. Seine Nachfolge als Parteimanager soll Krautscheid antreten, der damit als Europa- und Medienminister aus dem Landeskabinett ausscheiden wird.

Verstoß „gegen alle politischen Spielregeln“

Der designierte CDU-Landesgeneralsekretär räumte vor dem Landtagsausschuss ein, die von einem Mitarbeiter der Düsseldorfer CDU-Landesgeschäftsstelle verfassten Werbebriefe seien „völlig indiskutabel“. Eine solches Vorgehen verstoße „gegen alle politischen Spielregeln“. Rüttgers habe das Angebot an die Sponsoren nicht gekannt, wies Krautscheid Zweifel der Landtags-Opposition an der Darstellung des Ministerpräsidenten zurück. Auch Wüst sei davon nicht informiert gewesen und habe als Konsequenz aus diesem „Organisationsverschulden“ seinen Rücktritt als Generalsekretär erklärt.

Krautscheid berichtete, dass Rüttgers am Rande des CDU-Zukunftskongresses 2006 mit dem damaligen T-Mobile-Manager René Obermann „unter einer Viertelstunde“ lang gesprochen habe. Das Unternehmen war Sponsor der CDU-Veranstaltung gewesen. Der Regierungschef habe mit Obermann das Gespräch geführt, weil der Manager als Laudator aufgetreten sei. NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft legte Rüttgers wegen der Vorwürfe mehrfach den Rücktritt nahe. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) will den Fall prüfen.

Neue E-Mail kann Rüttgers in die Bredouille bringen

Am Mittwoch war allerdings eine E-Mail aufgetaucht, die den Ministerpräsidenten stärker belasten soll. Das Internet-Blog www.wir-in-nrw-blog.de berichtete, dass Rüttgers und seine leitenden Mitarbeiter in der Staatskanzlei offenbar viel intensiver mit der Planung eines gesponserten CDU-Zukunftskongresses 2006 beschäftigt gewesen seien - als sie selber zugeben wollen. Dies belege eben eine E-Mail der NRW-CDU an den Planungschef der Staatskanzlei, Boris Berger.

Der zuständige CDU-Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing, Matthias Heidmeier, habe am 16. September 2005 darin geschrieben: „Anbei eine kurze Notiz zum Zukunftskongress für Herrn Rüttgers. Geben Sie ihm das? Soll es noch detaillierter sein (Finanzierung)?“

Die Email des CDU-Sprechers zeige ziemlich deutlich, dass Jürgen Rüttgers von Beginn an mit den Planungen des Zukunftskongresses beschäftigt gewesen sei, schreibt Thomas Brackheim in dem Blog. Auch die Frage Heidmeiers, ob er für Rüttgers in Sachen Finanzierung noch detailliertere Ausarbeitungen liefern solle, legten den Schluss nahe, dass den CDU-Chef neben dem medialen Nutzen der Veranstaltung auch die finanzielle Seite interessiert haben dürfte.

Ein Regierungssprecher wies den Bericht zurück. Der „terminbegleitende Referent“ Berger sei keineswegs in Planungen der Landespartei eingebunden gewesen.

Die Grünen gaben sich damit nicht zufrieden. „Wir fordern Rüttgers auf, zu erklären, warum die Staatskanzlei in die Vorbereitung eines Zukunftskongresses eingebunden war, er selbst aber keine Kenntnis davon gehabt haben will“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger.

Grüne fordern Änderung des Parteiengesetzes

Unterdessen hält Grünen-Bundeschefin Claudia Roth eine Änderung des Parteiengesetzes für unabdingbar: „Um solche Exzesse wie in der NRW-CDU künftig zu vermeiden, sollten auch Sponsorzuwendungen im Parteiengesetz geregelt werden. Sie sollten vergleichbar zu den Regelungen bei Parteispenden veröffentlicht werden.“

Auch die nordrhein-westfälischen Grünen üben heftige Kritik. Fraktionschefin Sylvia Löhrmann sieht einen «schweren Schaden für die politische Kultur» im Vorfeld der Landtagswahl am 9. Mai. Löhrmann forderte Krautscheid im Ausschuss ohne Erfolg auf, dem Landtag die Werbebriefe und Sponsoringpakete der Landes-CDU sowie die Terminunterlagen des Ministerpräsidenten für eine genaue Prüfung zur Verfügung zu stellen.

SPD-Fraktionsvize Gisela Walsken verlangte Aufklärung darüber, warum die CDU Informationsstände auf Parteitagen an Unternehmen zu gestaffelten Summen von bis zu 20 000 Euro verkaufe. Es seien viele Fragen offen. Es sei nicht klar, warum ein CDU-Kunde einen höheren Preis als für einen normalen Stand zahlen sollte, wenn darin dann doch kein Exklusiv-Termin mit Rüttgers enthalten sei, sagte die SPD-Landtagsabgeordnete.

Kritk aus den eigenen Reihen und aus der Wissenschaft

Die stellvertretende nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Ursula Heinen-Esser rügte ihren eigenen Landesverband. Sie sprach von einem „höchst unglücklichen und dummen“ Verhalten. „Es ist ein Eindruck entstanden, der nicht entstehen durfte.“ Der Vorwurf der Käuflichkeit gegen Rüttgers sei jedoch „absurd“.

Der Düsseldorfer Staats- und Parteienrechtler Martin Morlok rügte die von der nordrhein-westfälischen CDU an Sponsoren vermittelten Gesprächsangebote. «Schon das Angebot ist unsittlich», sagte Morlok. Und es spiele auch keine Rolle, ob Ministerpräsident und CDU-Landeschef Rüttgers von dieser Praxis gewusst habe. «Für die politische Bewertung ist das natürlich anders», sagte Morlok.

Die NRW-CDU sieht sich jedoch bereits durch ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten des Parteienrechtlers Christofer Lenz entlastet: „Die vertragliche Praxis zwischen dem CDU-Landesverband und den Ausstellern ist parteienrechtlich nicht zu beanstanden.“ Erzielt worden seien Einnahmen, keine Spenden. Mit einem neuen Brief wies die CDU im Vorfeld des Parteitags am 20. März in Münster darauf hin, dass es für Stände-Mieter keine Gespräche gegen Geld gibt. (mit ddp)