Passau/Wiesbaden. .
SPD-Chef Sigmar Gabriel und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) lehnen eine Amnestie für geständige Steuerhinterzieher ab. Der Staat müsse Unrecht und soziales Schmarotzertum bestrafen. Die Zahl der Selbstanzeigen steigt derweil weiter.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich gegen eine Amnestie für Steuersünder ausgesprochen. „Steuerbetrüger gehören hinter Gitter“, sagte Gabriel der „Passauer Neuen Presse“. „Wir wollen über die wirklichen Sozialbetrüger in Deutschland reden, nicht über die Sündenböcke, die Guido Westerwelle öffentlich zur Schlachtbank führt.“ Auch der CDU-Politiker Peter Müller forderte, Steuerhinterzieher auch dann zu bestrafen, wenn sie sich selbst anzeigen: „Steuerhinterziehung ist soziales Schmarotzertum. Sie muss konsequent verfolgt werden.“
Steuerflüchtlinge dürften künftig nicht mehr generell straffrei davonkommen, sagte der saarländische Ministerpräsident Müller der „Frankfurter Rundschau“. „Wenn jemand die Einrichtungen des Staates nutzt - die Straßen, die Schulen, die Krankenhäuser - und trotzdem dem Staat über Jahre und Jahrzehnte die Steuern vorenthält, die er zu bezahlen hat, muss er jenseits einer Bagatellgrenze strafrechtlich belangt werden.“ Der Staat dürfe sich seinen Anspruch, Unrecht zu bestrafen, nicht abkaufen lassen.
„Asoziales Verhalten“
Gabriel sagte, wer sich selbst anzeige, „hat Angst davor, dass der Staat ihn so oder so erwischt. Der Boom der Selbstanzeigen ist nur der Angst zu verdanken, dass der Staat die angebotenen Daten-CDs kauft und sich der eigene Name darauf findet“. Diese Menschen seien eigentlich der Überzeugung, dass jeder Cent Steuern zu viel bezahlt sei. „Sie verhalten sich dem Land gegenüber asozial, in dem sie reich geworden sind. Es ist an der Zeit, deutlich zu machen, dass wir in Zukunft nicht mehr bereit sind, Steuerhinterziehung als Kavaliersdelikt durchgehen zu lassen.“
Der SPD-Chef forderte, Steuerhinterziehung ab 500.000 Euro hinterzogener Summe als Verbrechen einzustufen. „Wir wollen, dass das Urteil des Bundesgerichtshofes umgesetzt wird, nach dem Steuerhinterziehung ab einer Million Euro in jedem Fall mit Gefängnis bestraft werden muss, Bewährungsstrafen also ausscheiden. Auch Ersttäter, die die Allgemeinheit in einem solchen Ausmaß schädigen, gehören hinter Gitter.“ Zudem müssten die Geldstrafen erhöht werden.
Zahl der Selbstanzeigen in Hessen steigt rasant
Auch der baden-württembergische Finanzminister Willi Stächele (CDU) sprach sich für eine gründliche Prüfung der strafbefreienden Selbstanzeige aus. Die Strafbefreiung aufgrund einer Selbstanzeige dürfe kein Freifahrschein sein, sagte Stächele der „Berliner Zeitung“ (Dienstagsausgabe). Steuerhinterziehung sei Betrug an der Allgemeinheit. Auch die Begrenztheit der öffentlichen Mittel und die drohenden schmerzlichen Spareingriffe rückten das Thema Steuergerechtigkeit weiter in den Mittelpunkt, sagte Stächele.
Unterdessen ist die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern in Hessen rasant gestiegen. Finanzminister Karl-Heinz Weimar (CDU) sagte dem Radiosender hr info, bis zum Montagabend hätten sich 512 Bürger selbst angezeigt, die in der Schweiz angelegtes Kapital nicht ordnungsgemäß versteuert hätten. Zuletzt war von 330 Selbstanzeigen die Rede gewesen.
„Können nicht mehr gut Schlafen“
Die Tendenz sei weiter steigend, sagte Weimar. Nach einer ersten groben Schätzung gehe es um angelegtes Kapital in einer Größenordnung von mindestens 129 Millionen Euro, dessen Erträge nicht versteuert worden seien.
Weimar erklärte die hohe Zahl der Selbstanzeigen mit dem Druck, der durch Berichte über Steuerdaten-CDs entstanden sei, die deutschen Behörden angeboten worden waren. Viele Steuerhinterzieher wollten jetzt „tabula rasa“ machen. „Es spricht sich herum, dass es das eine ist, dem Fiskus Steuern zu entziehen, und das andere, nicht mehr gut schlafen zu können“, sagte er. Steuersünder hätten bei Selbstanzeige nur die hinterzogenen Steuern plus Zinsen zu zahlen.
Hessen wurde nach den Worten des Ministers bisher keine Steuerdaten-CD angeboten. Die hiesigen Behörden könnten aber von den in anderen Bundesländern angebotenen Daten profitieren. (apn/afp/ddp)