Hattingen. Ende der Woche gibt das Finanzministerium die Zahl der aktuellen Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung für NRW bekannt. Aber wie funktioniert das Verfahren eigentlich? Kann man sich auch per Telefon beim zuständigen Amt melden? Ein Test-Anruf im Finanzamt in Hattingen.
Der Weg zum reinen Gewissen beginnt mit Musik. Wer beim Finanzamt Hattingen anruft, landet zunächst in einer Telefonschleife. Doch schon wird man zügig weiterverbunden: Zeit ist schließlich Geld. Und um letzteres geht es.
Mit wem kann eigentlich ein Hattinger Steuersünder sprechen, wenn er sein Geld am Finanzamt vorbei im Ausland angelegt und nun plötzlich ein schlechtes Gewissen hat? Denn seitdem der Staat eine CD mit den Daten illegaler Konten gekauft hat, zittern viele Steuersünder. Die in Paragraph 371 der Abgabenordnung geregelte „strafbefreiende Selbstanzeige”, durch die der Hinterziehende einer strafrechtlichen Verfolgung entgeht, wirkt in diesen Tagen wie das Rettungsboot von der drohenden Gefängnisinsel.
Noch hat niemand angerufen
Werner Weber ist dafür beim Hattinger Finanzamt zuständig und überrascht: „Ehrlich gesagt hat mich noch niemand in dieser Angelegenheit angerufen.” Selbstanzeigen würden in der Regel schriftlich und von einem Anwalt eingereicht, nicht persönlich am Telefon. Und nur um sich zu informieren, wähle niemand die Nummer des Finanzamtes: „Es ist ratsam, einen Steuerberater oder Wirtschaftsanwalt aufzusuchen”, sagt Weber. Ob sich schon Bürger aus Hattingen als Folge der neuen Daten-CD gemeldet haben, darf der Finanzbeamte nicht sagen.
Denn die eintreffenden Selbstanzeigen gehen zwar über Webers Schreibtisch, verweilen dort jedoch nicht lange: „Letztlich ist das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Hagen zuständig”, erklärt Weber
Finanzamt Hagen ist zuständig
Nachdem ein Fall in Hagen geprüft wurde, verschickt das Hattinger Finanzamt berichtigte Steuerbescheide – und dann muss nachgezahlt werden. Denn die Amnestie bezieht sich lediglich auf die strafrechtlichen Konsequenzen der Hinterziehung: „In der Regel muss das Geld aus den Nachzahlungen zügig fließen”, sagt Werner Weber mit Blick auf die kurze Frist von vier Wochen: „Aber im Rahmen einer Selbstanzeige kann es auch mal länger dauern.”
Einen Ratschlag hat der Finanzbeamte an Steuersünder, die noch mit sich ringen: Es sei Eile geboten. Denn die Strafbefreiung gilt nur, wenn die Schummelei noch unentdeckt ist: „Es gibt schon Probleme, wenn das Finanzamt die belastenden Daten angekauft hat.”