Aachen. .

Mit einer besonders perfiden Hacker-Attacke muss sich derzeit die Staatsanwaltschaft Aachen beschäftigen. Ein 44-Jähriger hat offenbar bis zu 150 Mädchen in ihren Zimmern mit ihren eigenen Webcams ausgespäht.

Ein 44-jähriger Mann hat sich mit Hilfe eines Programms Zugang zum Computer mehrerer Mädchen verschafft und die Kinder dann mit deren eigenen Webcams in ihrem Zimmer beobachtet. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Aachen am Freitag auf Anfrage sagte, läuft gegen den aus dem Raum Aachen stammenden Mann ein Ermittlungsverfahren wegen des Ausspähens von Daten. Als die Polizei die Wohnung des mutmaßlichen Täters durchsucht habe, seien auf seinen Rechnern Bilder aus Kinderzimmern zu sehen gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft Aachen dem WDR mit.

Datenschutzbeauftragter warnt: Webcams abdecken

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat nach dem mutmaßlichen Hacker-Angriff in Kinderzimmern vor der Manipulation von Webcams gewarnt. „Dieser Vorfall verdeutlicht, wie Web-Kameras und andere Eingabegeräte manipuliert werden können. Es handelt sich um eine weithin unterschätzte Gefahr“, sagte Schaar der „Bild“-Zeitung zufolge. Wer sichergehen wolle, müsse die Web-Kamera abdecken oder anderweitig deaktivieren, zudem sollte eine aktuelle Antiviren-Software vorhanden und die Firewall aktiviert sein.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), verlangte angesichts des Vorfalls eine konsequente Verfolgung von Straftaten im Internet. „Deshalb ist die Aufklärung gerade von Kindern und Jugendlichen über die Gefahren des Internets so wichtig. Straftaten im Netz müssen konsequent verfolgt werden, auch um Nachahmer abzuschrecken.“

Die genaue Zahl der Opfer ließe sich derzeit noch nicht abschätzen, sagte Oberstaatsanwalt Robert Deller. Eine vom Berliner Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) im Bielefelder „Westfalenblatt“ genannte Zahl von 150 Opfern sei aber wohl zu hoch gegriffen. Nach WDR-Informationen sollen besonders viele Mädchen aus Versmold im Kreis Gütersloh betroffen sein.

Keine Anhaltspunkte für Kinderpornographie

Den Ermittlungen zufolge sah sich der Hacker zunächst in sozialen Netzwerken im Internet um, welche Mädchen ihm dort gefielen. Danach platzierte er via Internet auf deren Rechnern heimlich einen so genannten Trojaner. Mit diesem Programm habe er dann die am Computer der Mädchen installierten Webcams von seinem Rechner aus ferngesteuert. So habe er mit diesen Webcams auch Fotos von den Mädchen gemacht und diese dann auf seinem Computer gespeichert. Die bisherigen Ermittlungen hätten aber keinen Anhaltspunkt für Delikte im Bereich der Kinderpornographie ergeben, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Auf die Schliche kamen die Ermittler dem Beschuldigten durch ein Mädchen, das sich darüber gewundert hatte, dass ihr Rechner nur noch langsam arbeitet. Nach WDR-Informationen hat ein Experte des BvD die Spähattacke aufgedeckt. Inzwischen seien „einige“ Opfer von den Ermittlern angeschrieben worden. Der 44-Jährige selbst äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen. Der Verdächtige befinde sich mangels Haftgründen derzeit auf freiem Fuß, berichtet der WDR. Beim Bundeskriminalamt (BKA) ist die Methode des Spähers nicht unbekannt. Hierfür sei nur einfache Malware erforderlich, sagte ein BKA-Sprecher gegenüber dem WDR. Ein ähnlicher Fall sei in Deutschland jedoch nicht bekannt. (afp/apn/we)