Düsseldorf. .

NRW-Ministerpräsidentin Kraft hat ihr Regierungs-Team vorgestellt. Dazu gehören auch sechs Frauen. Die Bürger sehen die Zukunft des Bündnisses skeptisch. Nur eine Minderheit glaubt, dass es bis zum Ende der Legislaturperiode durchhält.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat am Donnerstag die Ministerinnen und Minister der neuen rot-grünen Minderheitsregierung ernannt. Einschließlich Kraft gehören der Landesregierung damit sechs Frauen und sechs Männer an. Einen Leiter der Staatskanzlei stellte die Regierungschefin bisher nicht vor. Krafts Kabinettskollegen im Einzelnen:

Vize-Ministerpräsidentin und Schulministerin ist wie angekündigt die bisherige Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Die am 1. März 1957 in Essen geborene Landtagsabgeordnete personifiziert damit gemeinsam mit Kraft die neue weibliche Doppelspitze in NRW.

Die bisherige Bundestagsabgeordnete Angelica Schwall-Düren (SPD), geboren am 16. Juli 1948, ist Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien. Die Personalie ist eine Überraschung. Schwall-Düren ist die einzige Bundespolitikerin, die jetzt den Wechsel nach NRW wagt. Angeblich hatten andere SPD-Bundestagsabgeordnete Kraft einen Korb gegeben, weil die Zukunftsaussichten der rot-grünen Minderheitsregierung unklar sind.

Raus ehemaliger Regierungssprecher wird Finanzminister

Kölns Kämmerer Norbert Walter-Borjans (SPD) übernimmt das Finanzministerium. Der am 17. September 1952 in Krefeld-Uerdingen geborene Walter-Borjans war in den 90er Jahren Regierungssprecher unter dem damaligen SPD-Ministerpräsidenten Johannes Rau.

Der Landtagsabgeordnete Ralf Jäger ist neuer Minister für Inneres und Kommunales. Der am 25. März 1961 in Duisburg geborene Sozialdemokrat galt im Parlament seit Jahren als harter Gegenspieler des bisherigen Innenministers Ingo Wolf (FDP). Nun übernimmt er selbst das für die Polizei verantwortliche Ressort.

Auch der neue Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) war im Landtag der Kontrahent seiner Vorgängerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Der Anwalt will nun daran arbeiten, dass er nicht wie Müller-Piepenkötter regelmäßig wegen Gefängnisausbrüchen und anderen Justizskandalen in der Kritik stehe, wie der am 12. Juni 1968 in Essen geborene Kutschaty bei seiner Vorstellung sagte.

Harry Kurt Voigtsberger (SPD) ist Minister für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr. Geboren wurde er am 10. Juli 1950 in Hindelang/Allgäu. Er absolvierte eine Ausbildung zum Metallflugzeugbauer bei Dornier und Messerschmidt in Augsburg und ist Flugzeugbauingenieur. Bislang war Voigtsberger Direktor des Landschaftsverbands Rheinland (LVR).

Wissenschaftsministerin ist überraschend Svenja Schulze (SPD) geworden. Die am 29. September 1969 in Düsseldorf geborene Schulze war in den 90er Jahren Landeschefin der Jusos. Zuvor hatte sie sich als Studentin in der Hochschulpolitik engagiert. Als Abgeordnete war sie in NRW bisher für Umwelt und Verbraucherschutz zuständig.

Ute Schäfer gehört zum zweiten Mal zum Kabinett

Erwartungsgemäß übernimmt DGB-Landeschef Guntram Schneider (SPD) den Ministerposten für Arbeit, Integration und Soziales. Der am 2. Juli 1951 in Gütersloh geborene Gewerkschafter hatte bereits Krafts Wahlkampf-Schattenkabinett angehört.

Ute Schäfer (SPD) gehört als neue Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport bereits zum zweiten Mal der Landesregierung an. Die am 22. März 1954 in Lage geborene Lehrerin war bis 2005 Schulministerin in NRW.

Der neue Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Johannes Remmel, wurde am 25. Mai 1962 geboren. Seit Jahren beackert der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der Landtags-Grünen dieses urgrüne Themenfeld.

NRW-Bürger skeptisch

Die Grüne Barbara Steffens ist Ministerin für das neu zusammengeschnittene Ressort Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter. Geboren wurde sie am 24. Januar 1962 in Düsseldorf. Die Parteilinke war bereits beim Start der ersten rot-grünen NRW-Regierung im Jahr 1995 in einer Führungsposition. Die biologisch-technische Assistentin war damals Landeschefin der Grünen und unterschrieb neben Johannes Rau den Koalitionsvertrag.

Die Chancen der Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen bewerten die Bundesbürger eher skeptisch. Laut einer Emnid-Umfrage unter 1.000 Befragten für den Sender N24 glauben nur 31 Prozent der Befragten, dass die rot-grüne Regierung an Rhein und Ruhr bis zum Ende der Legislaturperiode in fünf Jahren hält. In Nordrhein-Westfalen selbst sind es immerhin 38 Prozent. 40 Prozent gingen davon aus, die neue Landesregierung werde mindestens ein bis zwei Jahre Bestand haben. Zudem waren 50 Prozent der NRW-Wähler davon überzeugt, dass die rot-grüne Landesregierung ebenso gut arbeiten werde wie ihre schwarz-gelbe Vorgängerin. 18 Prozent der Befragten meinen sogar, Rot-Grün könne besser regieren als Schwarz-Gelb.

Laumann: „Totalopposition ist Quatsch“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, Karl-Josef Laumann, sprach nach der Präsentation der neuen Minister von einem „Kabinett ohne Glanz“. CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid erklärte, „wichtige und kompetente Fachleute der SPD-Fraktion“ seien bei der Postenbesetzung übergangen worden.

Unterdessen zeigte sich Kraft zuversichtlich, dass nicht nur die Linkspartei, sondern auch CDU und FDP die rot-grüne Minderheitsregierung unterstützen werden. „Bei Union und FDP sind die Wunden derzeit noch sehr tief. Aber es kann sein, dass das nach der Sommerpause vielleicht schon wieder anders aussieht“, sagte sie der „Rheinischen Post“. Laumann erklärte in derselben Zeitung, die Opposition müsse zwar natürlich über eine „Abteilung Attacke“ verfügen. Wenn die neugewählte Ministerpräsidentin Kraft aber „etwas vorlegt, was gut fürs Land ist und was der CDU-Politik entspricht - warum sollten wir dann nicht mitmachen?“, sagte Laumann und fügte hinzu: „Totalopposition wäre Quatsch.“ (ddp/apn)