Essen. Olaf und Carmen sind seit über 16 Jahren zusammen. August 2004 haben sie sich getraut, und seit einem Jahr ist die kleine Amalia die Dritte im Bunde. Was sich mit dem Kind in der Beziehung des Paares (er 36, sie 34 Jahre) verändert hat, darüber sprach Olaf im Interview mit DerWesten.
Hi Olaf. Von vielen Paaren hört man, dass ein Kind eine Beziehung ganz schön strapazieren kann. Wie ist das bei Euch?
Olaf: Kurz zusammengefasst: Ein Kind krempelt Dein Leben völlig um. Fast nichts ist mehr, wie es vorher war.
Inwiefern?
Naja – man hat das ja bereits von Freunden gehört, dass sich mit einem Kind alles ändert. Nur wie weit das geht, das kann man sich nicht vorstellen. Es geht ja nicht nur darum, dass man jetzt andere Schlafens- und Aufstehzeiten hat: Die ganzen Strukturen unseres bisherigen Lebens haben sich durch Amalia verändert. Wobei wir großes Glück haben: Amalia ist kein Schreikind, sie schläft in der Nacht durch – das heißt, die reine körperliche Belastung etwa durch Schlafentzug hält sich in Grenzen.
Kinder bereichern das Leben
Wie empfindest Du die Veränderung? Denkst Du manchmal: Hätten wir nur nicht ....?
Überhaupt nicht: Zuerst einmal empfinden wir das Kind als Bereicherung. Man verzichtet zwar auf sehr vieles, was einem vor der Geburt wichtig war – das aber wird nicht als Verlust wahrgenommen. Und auch, wenn man manchmal genervt ist von der Umstellung – ein Lächeln der Kleinen belohnt einen wirklich für alles. Klingt kitschig, ist aber wirklich so. Man schmilzt dahin und vergisst für einen Augenblick den täglichen Stress.
Wie teilt Ihr Euch die häuslichen Pflichten? Untersuchungen haben ergeben, dass sich mit Kindern auch die Rollen im Haushalt verändern: Auch Männer, die sich zuvor an der Hausarbeit beteiligt haben, neigen dazu, sich da zurückzuziehen, wenn Kinder ins Spiel kommen. Bemerkt Ihr da bei Euch einen ähnlichen Trend?
Nein, bis jetzt versuchen wir uns noch alles zu teilen. Wir haben vor Amalias Geburt beide alles gemacht – vom Staubsaugen bis zum Wäschewaschen. Und auch bei der Versorgung des Kindes bin ich voll eingebunden – also das Wickeln und Füttern fallen auch in meinen Aufgabenbereich.
Das klingt ja ziemlich abgeklärt: Muss man sich da als Kerl, der Windeln wechselt, im Freundeskreis aufziehen lassen oder ist das normal?
Wir haben ziemliches Glück, dass in unserem Freundeskreis sehr viele Paare in einer ähnlichen Situation sind wie wir – also dumme Sprüche oder so etwas gibt es da in dieser Richtung nicht. Aber man diskutiert natürlich darüber: Wie macht ihr das ...?
A propos Freundeskreis: Wie wirkt sich Amalia auf Eure Hobbys aus? Geht Ihr noch aus?
Natürlich hat sich auch an dieser Stelle viel verändert: Mein großes Hobby ist Fußball, ich habe `ne Dauerkarte für den BVB – da geh ich noch regelmäßig hin. Dann hab ich noch regelmäßig im Betriebssportverein gespielt – das fällt inzwischen allerdings flach. Auch einfach so mal auf eine Party gehen klappt nicht mehr – zumindest nicht als Paar. Allerdings war Amalia schon mit auf Feten: Da darf es dann aber nicht zu laut sein und natürlich nicht geraucht werden. Aber wie gesagt: Viele unserer Freunde sind in einer ähnlichen Situation, insofern ist die Abstimmung da nicht zu schwer.
Von vielen Paartherapeuten hört man immer mal wieder den Tipp, sich als Paar auch mal eine Auszeit vom Kind zu nehmen – damit die Beziehung nicht zu kurz kommt. Klingt plausibel. Aber schafft man das?
Auch an dieser Stelle geht es uns gut: Amalias Großeltern und ihr Patenonkel wohnen nicht weit entfernt von uns – und sie kümmern sich sehr gerne um ihre Enkelin und Nichte. Mindestens einmal pro Monat kommen sie abends zum Kinderhüten, und dann nehmen wir uns einen Abend lang frei.
Elterliche Atempausen
Wie wichtig sind solche elterlichen Atempausen?
Sehr wichtig, weil im Alltag doch so einiges auf der Strecke bleibt: Es dreht sich praktisch fast alles nur noch um das Kind – um die Organisation des Tages, um Erziehungsfragen. Gerade wenn beide Eltern berufstätig sind, ist da jede Menge an Absprache nötig. Und weil alles neu ist und komplizierter als früher, wird man auch schnell ein bisschen gereizter im Ton. Da muss man aufpasssen, dass man auch mal ein bisschen Zeit füreinander findet, um Dinge zu bereden, die auch mal gar nichts mit dem Kind zu tun haben.
Habt Ihr Euch zum Thema Erziehung vorher schlau gemacht – etwa durch die Lektüre der Flut von Beratungsbüchern zu dem Thema?
Ein bisschen was haben wir gelesen – zumeist eher zu praktischen Sachen, wie etwa die frühkindliche Ernährung. Beim Thema Erziehung verlassen wir uns aber im wesentlichen auf unser Gefühl.
Reicht das?
Ich denke schon: Carmen und ich haben vor der Geburt viel darüber diskutiert, welche Werte wir in der Erziehung vermitteln wollen. Und da wir keine größeren Differenzen in der Frage hatten, verlassen wir uns da sehr aufeinander. Bisher klappt es prima.
Machst Du Dir Sorgen darüber, wie es weitergehen wird, ob Du als Vater genügen wirst, ob Ihr das als Paar schaffen werdet, was noch auf Euch zukommt?
Nein, überhaupt nicht. Natürlich wird einem rasch bewusst, welche Pflichten das Eltern-Sein mit sich bringt: Das ist etwas anderes wie etwa im Berufsleben, wo nach Feierabend zumeist Schluss ist mit den Pflichten. Vater und Mutter bist Du dagegen immer, rund um die Uhr, jederzeit – und Du bist unglücklich, wenn Du siehst, dass das Kind unglücklich ist. Und natürlich fragt man sich, welche Pflichten da noch auf einen zukommen, wenn Amalia älter wird.
Das klingt jetzt nicht unbedingt nach unbeschwertem Dasein.
Doch, weil man sie soviel zurückbekommt: Denn was da passiert, ist ja – auch, wenn das wieder platt klingen mag - ein Wunder: Die Geburt eines Kindes, dass man sich darin zum Teil selbst wieder erkennt, dass man zuschauen kann wie sich so ein kleines Wesen rasend schnell entwickelt – das alles ist superspannend. Und – auch das mag ein Klischee sein, aber es stimmt – ein Baby im Arm zu halten, es zu fühlen und zu riechen, ist einfach toll. Und weil man mit dem eigenen Kind dessen Entwicklung praktisch hautnah verfolgt, entdeckt man selbst auch die Welt wieder neu. Das macht einen jeden Tag aufs Neue fröhlich und glücklich.
Hat sich auch der Blick auf deine Frau verändert?
Ja und Nein. An den grundsätzlichen Gefühlen für sie hat sich gar nichts verändert. Aber ich finde es klasse, wie sie ihre neue Rolle ausfüllt, wie sie mit Amalia umgeht – das ist sehr reif und abgeklärt. Mein Respekt ihr gegenüber ist noch gewachsen. Ich ziehe den Hut vor ihr.
Viele Paare klagen darüber, dass es nach der Geburt des Kindes mit der Sexualität haperte. Kannst Du das nachvollziehen?
Das ist sicherlich nicht immer ganz einfach – unter anderem wegen den bereits angesprochenen Veränderungen im Alltag und der Tatsache, dass das Kind so in den Mittelpunkt einer Beziehung rückt. Auch deshalb ist es wichtig, sich als Paar regelmäßig eine Kinder-Auszeit zu gönnen.
Wie geht’s nun weiter mit Eurer Kleinfamilie?
Es bleibt weiter spannend. Ich hatte in den vergangenen Wochen Elternzeit genommen. Das kann ich nur jedem jungen Vater empfehlen: Sich diese Zeit für das Kind zu nehmen. Diese gesetzliche Neuerung ist wirklich ein Gewinn für Eltern. Jetzt bin ich wieder im Job und auch Carmen beginnt wieder zu arbeiten. Amalia wiederum wird nun erstmals bei einer Tagesmutter unterkommen. Wir sind gespannt, wie das funktioniert.
Und wie ist Deine bisherige Bilanz als Papa – was kannst Du werdenden und familien-planenden künftigen Vätern auf den Weg geben?
Kinder sind einfach toll! Ich finde, jeder sollte diese Erfahrung machen, weil das den Blick auf das Dasein völlig verändert. Kinder wissen noch nicht, dass es Schlechtes auf der Welt gibt und freuen sich über alles, was sie Neues entdecken – sie genießen das Leben in vollen Zügen, und wenn man das miterlebt, macht man sich auch selbst wieder jeden Tag auf’s Neue bewusst, wie schön das Leben eigentlich ist.
Das klingt nach weiterer Familienplanung
Das kann ich mir gut vorstellen!