Duisburg. .

Neue Vorwürfe bringen den Loveparade-Veranstalter in Bedrängnis: Die Beschilderung im Tunnel soll mangelhaft gewesen sein. Auch habe es große Schwierigkeiten bei der Suche nach Ordnern gegeben.

Neue, schwere Vorwürfe gegen den Loveparade-Veranstalter Lopavent und die Stadt als genehmigende Behörde: Am Tag der Katastrophe existierte keine Beschilderung im Eingangsbereich, die allen einlasssuchenden Gästen den Weg aus dem Tunnel hinauf zur Rampe gewiesen hätte. Ebenso wurde eine bauliche Trennung zwischen Ein- und Ausgangsbereich vermisst, die den Strom der Ab- und Zu-wanderer voneinander separieren sollte. Dies war noch im Vorfeld der Veranstaltung als eine zentrale Maßnahme im Sicherheitskonzeptes ausgegeben worden. Zudem hatte der Veranstalter nach WAZ-Infos große Probleme, genügend Ordner zu engagieren.

Vorwurf 1: die fehlende Eingangsbeschilderung. Raymond Jones betrat von der Ostseite aus – also aus Richtung Neudorf kommend – den Tunnel. Der 63-Jährige Waliser hatte zuvor 20 Minuten an den Kontrollsperren der Polizei an der Ecke Grabenstraße/Karl-Lehr-Straße angestanden, wo Taschen durchsucht wurden.

Dichter Strom ließ Jones umkehren

Bilder von Raymond Jones, eines Betroffenen von der Loveparade als die Panik ausbrach in Duisburg Foto: Gerd Wallhorn/WAZ FotoPool
Bilder von Raymond Jones, eines Betroffenen von der Loveparade als die Panik ausbrach in Duisburg Foto: Gerd Wallhorn/WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Im Tunnel ging es von dieser Seite aus sogar noch relativ flüssig voran. Es ist 16.15 Uhr, als Jones die zu seiner Rechten liegende Rampe erreicht – und schnurstracks an ihr vorbeiläuft! „Woher sollte ich wissen, dass es da lang aufs Festivalgelände geht. Es gab keinerlei Schilder. Und in Deutschland gibt es doch sonst für die jede Kleinigkeit ein Schild.“ Also blieb Jones im Tunnel und lief weiter geradeaus. Und damit genau jenen in die Arme, die von der Westseite (Dellviertel) aus den Tunnel betreten hatten. Der da bereits extrem dichte Strom der Entgegenkommenden ließ ihn umkehren – und durch Zufall den Zugangsbereich erkennen.

Dieser wurde aber um punkt 16.20 Uhr durch Polizisten gesperrt, indem diese plötzlich eine Reihe durch die Menge zogen. „Warum sie den Laden dicht machten, wusste keiner. Und die Anweisungen wurden nur in deutscher Sprache durchgesagt. Das haben viele Gäste aus dem Ausland gar nicht verstanden“, sagte Jones.

Und plötzlich stand sich die große Gruppe der Abwanderungswilligen – laut Jones zu diesem Zeitpunkt rund 2000 Leute – und die immer gigantischer werdende Masse der von zwei Seiten Hineindrängenden gegenüber. Stillstand. „Und für mich ist dies der entscheidende Moment, wo hier nichts mehr vorwärts ging und sich von hinten alles dramatisch aufstaute“, bewertet Jones diese Situation.

Wegweisende Schilder nur für Heimkehrer

Fast zur gleichen Zeit ging der Dortmunder Matthias Purkert den identischen Weg. Und auch er stellte fest: „Wegweisende Beschilderungen waren nur für die Heimkehrer, nicht aber für die Ankömmlinge in-stalliert worden.“ Und auch Purkert bestätigte in seinem Augenzeugenbericht, dass dies für ortsunkundige Besucher ein Riesenproblem war.

Vorwurf 2: die fehlende bauliche Trennung für An- und Abreisende. Eine solche hatte der Veranstalter sogar noch auf seinen Infoflyer eingezeichnet. Auf diesem waren auf der Rampe zwei separierte Trassen zu sehen. In der Realität gab es diese nicht. So klatschten die Massen auf dieser T-Kreuzung aus allen Seiten frontal aufeinander.

Vorwurf 3: Ein Sicherheitsunternehmen aus Herne hat der WAZ bestätigt, dass es am Mittwoch, 21. Juli – also drei Tage vor der Loveparade – angesprochen wurde, ob es 20 bis 30 Kräfte für die Großveranstaltung abstellen könnte. Die Anfrage kam von keinem der offiziellen Auftragnehmer selbst, sondern von einem Subunternehmer, der aus Personalnot bereits ins Boot geholt war. Das Herner Unternehmen sagte ab, weil es keine freien Kapazitäten habe. Tatsächlich schien dem Unternehmen das Risiko für seine Mitarbeiter zu groß.