Berlin. .

Die FDP will sich aus dem Umfragetief befreien. Generalsekretär Christian Lindner kündigte am Montag eine Klausurtagung der Liberalen für Ende Juni an. Parteichef Guido Westerwelle will aber im Amt bleiben.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner hält angesichts von Koalitionskrise und Umfragetief eine Neuaufstellung der Liberalen für geboten. „Die Lage der FDP ist nun gegenwärtig nicht so, dass wir damit zufrieden wären“, sagte Lindner am Montag im ZDF-“Morgenmagazin“. Auf einer Klausurtagung Ende Juni solle gemeinsam überlegt werden, „mit welchen Themen wir jetzt als FDP wieder so in die Offensive kommen, dass die Zustimmung wächst“.

Den wachsenden Unmut über die FDP-Führung innerhalb der Partei ließ der Generalsekretär gelten. Angesichts der Lage sei es „richtig, dass alle, denen etwas liegt an der FDP, auch einen Beitrag leisten zur Analyse der Situation“.

Auf die Frage, ob FDP-Chef Guido Westerwelle seine Partei noch im Griff habe, antwortete Lindner ausweichend. Auch die ungewöhnlich scharfe Kritik des hessischen FDP-Vorsitzenden Jörg Uwe Hahn an Westerwelle bezeichnete Lindner als „Beitrag zur Analyse der Lage“. Hahn leiste „Vorarbeit“ für die Klausurtagung.

Hahn hatte am Wochenende erklärt, er erwäge, auf einem Landesparteitag am kommenden Sonntag einen Antrag zu unterstützen, der die Absetzung Westerwelles auf einem außerordentlichen FDP-Bundesparteitag noch im Herbst dieses Jahres fordert.

Liberale schließen Steuererhöhungen nicht mehr aus

Westerwelle will seinen Posten als FDP-Chef allerdings behalten. Er denke nicht darüber nach, sein Parteiamt aufzugeben, sagte er der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe). Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei gleichzeitig Parteivorsitzende. „Die Bündelung der Ämter hilft, liberale Positionen durchzusetzen.“

Die FDP will offenbar Steuererhöhungen nicht mehr um jeden Preis verhindern. Generalsekretär Christian Lindner schloss im „Kölner Stadt-Anzeiger“ lediglich „alles aus, was normale Steuerzahler belastet oder Wachstum und Beschäftigung gefährdet“. Außerdem habe die Koalition bereits entschieden, „bestimmte Steuern etwa für die Finanzbranche“ anzuheben, sagte Lindner. Zu Forderungen aus der Union, etwa mit einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes die soziale Ausgewogenheit des Sparpaketes zu verbessern, sagte Lindner: „Nicht jedes Steuern erhöhende Signal ist sozial.“

Was populär scheine, könne sich „als höchst unsozial herausstellen, wenn dadurch Arbeitsplätze gefährdet werden oder die Mittelschicht belastet wird“, sagte der FDP-General. Ob es die von seiner Partei lange geforderten Steuersenkungen noch vor oder erst nach der nächsten Bundestagswahl geben werde, hänge „von der wirtschaftlichen Entwicklung und den Fortschritten bei der Konsolidierung ab“. Es handele sich um eine „mittelfristige Perspektive“.

Koalitionsstreit „nicht überdramatisieren“

Kritik aus seiner Partei am Zustand der Berliner Regierungskoalition wies Lindner zurück: „Man sollte nicht überdramatisieren.“ Über Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Guido Westerwelle sagte er: „Die beiden haben ein ordentliches Verhältnis“. Lindner forderte aber die Kanzlerin auf, als CDU-Chefin dafür zu sorgen, „dass ihre Seite die gemeinsamen Entscheidungen erklärt und nicht in Frage stellt“. Außerdem müsse man die CSU fragen, „ob sie öfter Beiträge zum Erfolg der Koalition leisten kann“. Dazu gehöre ein konstruktives Gespräch über die Gesundheitspolitik statt immer neuer Vetos.

Im ZDF-Morgenmagazin rief Lindner Union und FDP auf, die Reihen wieder zu schließen. Die Lage der Koalition sei schwierig, weil aber auch außergewöhnliche Entscheidungen zu treffen seien, sagte Lindner unter Hinweis auf die Euro-Krise und die Sparbeschlüsse. Dass außergewöhnliche Lagen zu Spannungen oder Richtungsentscheidungen führten, sei natürlich. „Wir müssen uns jetzt wieder auf gemeinsame Linien besinnen. Wir müssen hart daran arbeiten, auch wieder einheitlich aufzutreten“, sagte Lindner.

Er zeigte sich davon überzeugt, dass Wulff zum Bundespräsidenten gewählt werde. Die FDP sei vom Kandidaten Wulff überzeugt, dieser habe viele Jahre gezeigt, dass er Politik für Menschen mache und Impulse setzen könne. „Deshalb ist die FDP einheitlich für die Kandidatur von Wulff - auch wenn einzelne FDP-Politiker Sympathie für seinen Gegenkandidaten Joachim Gauck haben“, sagte Lindner. Diese Sympathie könne er nachvollziehen, weil Gauck ein außerordentlich respektabler Kandidat sei. Aber es gebe eine klare Entscheidung des Parteipräsidiums und der Bundestagsfraktion für Wulff. (ddp/apn)