Essen. Der Oberfranke Christian Tombeil wird das Grillo-Theater in das Super-Kulturjahr 2010 führen. Oberstes Ziel des neuen Intendanten: Die Erhaltung der einmaligen Theaterlandschaft in NRW. Denn die Finanzierung dieser kulturellen Besonderheit steht längst nicht mehr auf sicheren Füßen.

Essen ist für Sie kein unbekanntes Pflaster, von 1994 bis 1997 waren Sie Oberspielleiter am Aalto-Theater. Was kommt Ihnen bei dem Gedanken an diese Zeit als erstes in den Kopf?

Christian Tombeil: Das Aalto-Theater war damals eines der modernsten Häuser in Deutschland. Die technischen Möglichkeiten waren einzigartig und ich denke wirklich gerne an die Zeit zurück. Vor allem die immense Größe hat mich schwer beeindruckt. Als die Findungskommission des Grillo-Theaters mich angesprochen hat, habe ich mich sehr gefreut. Es ist schön, zurückzukommen.

Welches Ziel haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe gesteckt?

Tombeil: An erster Stelle steht die Erhaltung der einmaligen Theaterkultur in NRW. Da brauchen wir alle: Schauspieler, Bürger, Presse und Politik müssen an einem Strang ziehen. Vor allem im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen ist diese Aufgabe ein spannendes Thema. Schließlich spitzt sich die Finanzlage vieler Städter dramatisch zu, die Förderungen für Kultur werden zurückgeschraubt. Wir müssen dennoch alles daran setzen, die einzigartige Kulturlandschaft zu erhalten.

Wie stehen Sie im Zusammenhang mit diesen schrumpfenden Budgets zu Theater-Fusionen?

Tombeil: Man muss bei Fusionen wissen, was man will. Ich komme vom ältesten Gemeinschafts-Theater in Deutschland, den vereinigten Bühnen von Krefeld und Mönchengladbach. 2010 feiern wir unser 60-jähriges Bestehen, was zeigt, dass die Zusammenarbeit funktioniert. Doch es gibt auch viele Gegenbeispiele, wie etwa die gescheiterte Fusion zwischen Wuppertal und Gelsenkirchen. Theater gehören zur individuellen Geschichte einer Stadt und lassen sich nicht beliebig verschmelzen. Das ist so wie bei Daimler und Mitsubishi: Man kann nichts zusammenführen, was nicht zusammengehört. Fusionen zwischen Theatern sind nicht zwingend das Allheilmittel, wohl aber eine Option, wenn sie denn gut durchdacht ist.

Sie übernehmen die Aufgabe des Schauspieldirektors 2010, dem Kulturhauptstadt-Jahr. Was bedeutet Ihnen das?

Tombeil: Ich sehe darin eine riesige Chance für Theaterschaffende aber auch für die gesamte Region, die wie keine andere den Strukturwandel in den vergangenen Jahrzehnten erlebt hat. Der Kollege Anselm Weber, dessen Nachfolge ich antrete, steckt bereits schwer in den Vorbereitungen für die Stücke. Darin wird auf eben diesem Strukturwandel ein Schwerpunkt liegen und auch Themen wie Migration und Integration in den Blick genommen. Ich würde das Kulturhauptstadtjahr auch gern für fächerübergreifende Projekte nutzen, etwa mit der Philharmonie und Oper zusammenarbeiten. Wir werden sehr international arbeiten, wie es sich für eine Kulturhauptstadt Europas gehört.

Welche persönlichen Konsequenzen sind für Sie mit dem Wechsel nach Essen verbunden?

Tombeil: Zunächst erfülle ich noch meine Aufgaben in Krefeld, was natürlich auch mit einer Menge Arbeit verbunden sein wird. In der kommenden Woche steht etwa eine Premiere an, außerdem muss ich mich auf meine Tätigkeit in Essen vorbereiten. Mein Terminkalender ist also voll. Ich werde jedoch nicht auf Dauer zweigleisig fahren und mich über kurz oder lang auf das Intendanten-Amt in Essen konzentrieren.

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