Berlin. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner will innerhalb der EU notfalls im Alleingang vorgehen, um deutsche Kunden vor vergiftetem Kinderspielzeug zu schützen. Aigner kritisierte die EU-Richtlinie scharf.
Nach der Warnung von krebserregenden Chemikalien in Kinderspielzeug durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat Verbraucherschutzministerin Ilsa Aigner (CSU) die EU-Richtlinie scharf kritisiert. Sie verstehe nicht, warum Brüssel nichts tue - dies könne sie nicht akzeptieren, sagte die CSU-Politikerin am Dienstag im ARD-«Morgenmagazin». Sie kündigte an, auf nationaler Ebene Schutzmechanismen auszubauen. Zugleich wolle sie aber auch gegenüber der neuen EU-Kommission auf eine neue Richtlinie dringen.
BfR: "Dringender Handlungsbedarf"
Das BfR hatte zuvor in einer Stellungnahme für die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass "dringender Handlungsbedarf» bestehe. Demnach übersteigen die im Spielzeug gemessenen gefährlichen Substanzen den Unbedenklichkeitswert zum Teil um das Hundertfache. In diesem Zusammenhang hatte das Institut auf eine «steigende Zahl von Krebserkrankungen» bei Kindern verwiesen. Die seit einem Jahr gültige EU-Spielzeug-Richtlinie hält das Institut für völlig unzureichend.
Weiter kritisierte das Bundesinstitut, dass es verbindliche Grenzwerte für die gefährlichen Weichmacher, die von Fachleuten als PAK bezeichnet werden, in Europa gar nicht gebe. Die Weichmacher stehen im «begründeten Verdacht, das Erbgut zu verändern, Krebs zu erzeugen und die Fortpflanzung zu beeinträchtigen». Eine der besonders gefährlichen und häufig verwendeten chemischen Mischungen sollte laut EU-Spielzeugrichtlinie nur bis zu einer Konzentration von 100 Milligramm pro Kilogramm im Spielzeug vorhanden sein. «Schon in diesem Fall können Kinder bei einstündigem Hautkontakt ein Vielfaches dessen aufnehmen, was im Rauch von 40 Zigaretten am Tag enthalten ist», warnten Wissenschaftler.
Aigner riet Eltern, beim Spielzeugkauf auf das GS-Prüfzeichen zu achten. (ap/ddp)