Essen. Ökostrom wird immer billiger. Das geht aus der jüngsten Übersicht des Verbraucherportals Verivox hervor. Gute Tarife für Strom aus Wasser-, Sonnen- oder Windkraft seien mittlerweile „fast immer günstiger" als die besten Angebote des örtlichen Versorgers. Doch Ökostrom ist oft nur ein Etikett.
Was man im Bio-Supermarkt meist in Kauf nimmt – für Lebensmittel mit Bio-Siegel muss man in der Regel mehr bezahlen – ist beim Strom nicht mehr zwingend: Ökostrom ist mittlerweile sogar vielfach günstiger der aus fossilen Energieträgern. Das geht aus einem Preisvergleich des Verbraucherportals Verivox.de hervor. Doch Verivox warnt: "Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom".
Preisvergleich lohnt sich
Laut Preisvergleich kann ein Musterhaushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bei 4000 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr mit einem Ökostromtarif durchschnittlich 163 Euro sparen – im Vergleich mit dem Standardtarif des örtlichen Stromanbieters. Selbst gegenüber den jeweils günstigsten Angeboten vor Ort kosteten Ökostromtarife laut Verivox bundesweit durchschnittlich immerhin noch 95 Euro weniger im Durchschnitt.
„Ökostrom wird immer preiswerter“, sagt auch Peter Blenkers, Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW. Während der Preis herkömmlicher Energieträger wie Kohle, Öl und Gas in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen ist, würden die Preise für regenerative Energien stagnieren oder sogar sinken, erklärt Blenkers. Die Folge: „Ökostrom wächst langsam aus der Nische raus“.
Ein Ökotarif bedeutet nicht, dass aus der Steckdose fortan nur ‚grüne’ Energie sprudelt. „In jede Stromprodukt steckt auch Kernenergie und Kohle“, sagt Verivox-Sprecherin Dagmar Ginzel. Zwangsläufig – denn 23 Prozent der in Deutschland verbrauchten Energie stammt aus Kernkraft, 42 Prozent aus Kohle, 14 aus Gas. Erneuerbare Energien kommen mittlerweile auf 15 Prozent Anteil im Strommarkt.
Verwirrend viele Gütesiegel
Stromtarif - worauf man achten sollte
Wer den Stromanbieter wechseln will, steht vor einem Wust an Kleingedrucktem. Nicht jede Vertragsfeinheit ist wirklich günstig für die Verbraucher. Welche Stichworte sind wichtig:
Paketpreis: Vergleichbar mit der Flatrate beim Internet. Kunden kaufen Kilowattstunden im Paket. Laut Verbraucherzentrale (VZ) NRW "nicht der Sündenfall", aber nur lohnend, "wenn man genau weiß, wieviel Strom man verbraucht." Denn: jede Kilowattstunde Verbrauch mehr kann umso teurer werden.
Vorkasse: "Nicht zu empfehlen", heißt es bei der VZ NRW. "Das Geld ist schnell abgebucht. Und dann hört man erstmal nichts mehr von dem Stromanbieter... Die VZ rät zum Prinzip: "Erst die Ware, dann das Geld!"
Laufzeit: Tarife ändern sich laufend. Wer stets das beste Angebot sucht, sollte sich bei einem Stromanbieter maximal auf 12 Monate Laufzeit einlassen.
Kündigungsfrist: Sollte bei maximal 6 Wochen vor Vertragsende liegen. Bei Standardtarifen sind vier Wochen üblich.
Preisgarantie: Die Angaben der Anbieter sind unterschiedlich - allgemeiner Rat der Verbraucherzentrale: "aufmerksam vergleichen".
Wer Ökostrom bestellt, kann den aber bei Anbietern kaufen, die besonders stark in regenerative Energien investieren. Finden lassen sich die anhand von Gütesiegeln oder Zertifikaten - es gibt allerdings verwirrend viele. Doch da, warnen Verivox und die Verbraucherzentralen, „sollte man genau hingucken“.
So ist das vielfach zu findende Zertifikat RECS, das etwa die mit besonders günstigen Tarifen auffallende FlexStrom AG ausweist, nur das Etikett eines Handelssystems unter den Energieversorgern in 15 Länder Europas. Verivox: „Diese Ökostromprodukte tragen nicht zum Ausbau von Erneuerbaren Energien bei“. Besser sind da Tüv-Zertifikate, die zum Beispiel vorgeben, dass ein Ökostromanbieter einen eventuellen Ökostrom-Aufschlag nur in Erneuerbare Energie-Projekte investiert.
Die schärfsten Vorgaben machen die Gütesiegel „okpower“ und „GrünerStromLabel“, die nur ‚wirklich grüne’ Produkte auszeichen – sei es, weil sich die Anbieter für Erneuerbare Energien besonders stark machen oder mit das Produkt ausschließlich aus Sonne-, Wind- oder Wasserkraft stammt; Restwärme von Braunkohlekraftwerken (Kraft-Wärme-Kopplung) ist bei diesen Siegeln beispielsweise längst nicht öko genug.
In jedem Ort mindestens 50 Anbieter zur Auswahl
Die Auswahl unter den Tarifen ist enorm und verwirrend: „In Deutschland gibt es etwa 300.000 Stromtarife“, sagt Peter Blenkers von der Verbraucherzentrale NRW. Wer zwischen Rhein und Weser wohnt „findet mittlerlweile an jedem Ort mindestens 50 verschiedene Stromanbieter“.
Obwohl der Strommarkt mittlerweile seit elf Jahren in Europa liberalisiert ist, haben 38 Prozent der 37 Millionen Haushalte in Deutschland laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft Tarif oder Anbieter bisher noch nicht gewechselt und zahlten sogar vielfach den besonders teuren Standard-Grundtarif des örtlichen Stromanbieters.
Preisvergleiche lassen sich am besten im Internet anstellen. Empfehlenswerte Portale sind beispielsweise Verivox oder der Energiepreisatlas NRW mit Tarifrechner der Verbraucherzentralen. Auf den Seiten des Gütesiegels okpower finden sich ausschließlich Öko-Tarife.