Berlin. In Frankfurt hat die Polizei die Besetzung des Uni-Casinos zum Teil mit Gewalt beendet und damit heftige Proteste bei den Studenten ausgelöst. In einer aktuellen Stunde im Bundestag verteidigte Bildungsministerin Annette Schavan das Eingreifen der Polizei bei Hörsaal-Besetzungen.
Drei Wochen nach Beginn der Studentenproteste hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) die heftig kritisierten Polizeieinsätze verteidigt. «Die Räumung von Universitäten, in denen Gewalt ausgeübt wird, ist richtig», sagte Schavan am Donnerstag im Bundestag in Berlin.
Am Mittwochabend hatte die Polizei in Frankfurt am Main das von Studenten besetzte Casino der Universität geräumt. Studentenvertreter warfen den Einsatzkräften vor, dass es durch gewaltsames Vorgehen auch zu Verletzten gekommen sei. Die Universität begründete die Räumung mit «ausartendem Vandalismus» der Besetzer.
Polizei setzte Schlagstöcke ein
Polizisten hätten getreten und auch mit Schlagstöcken geschlagen, sagte die Vorsitzende des Frankfurter Studentenauschusses AStA, Nadin Sergan. Es habe Verletzte gegeben. Der Polizei seien außer einer jungen Frau, die umgeknickt sei, keine Verletzten bekannt, sagte ein Polizeisprecher. Er räumte ein, dass es an einer Absperrung einen kurzzeitigen Schlagstock-Einsatz gegeben habe, als Besetzer die Sperre hätten durchbrechen wollen. Die Polizei holte nach eigenen Angaben 176 Menschen aus dem Casino.
Die Besetzer hatten laut Hochschule unter anderem eine Cafeteria, Toilettenanlagen sowie historische Parkettböden und Vertäfelungen beschädigt. Der Sachschaden beläuft sich demnach auf einen sechsstelligen Betrag. Die Universität hatte bereits am Dienstag Anzeige wegen Sachbeschädigung und Diebstahl erstattet.
Auch in vielen anderen Städten, u.a. in Dortmund hatte die Polizei die Besetzung von Hörsälen beendet.
Opposition wirft Schavan Versagen vor
In der von der SPD beantragten Aktuellen Stunde warf die Opposition Schavan Versagen im zweiten bundesweiten Bildungsstreik vor und forderte sie auf, die notwendigen Bologna-Reformen vorzuziehen.
Im April 2010 will Schavan die Wissenschaftsminister der Länder, Hochschulrektoren und Studentenvertreter in Berlin zu einem sogenannten Bologna-Gipfel an einen Tisch bringen. Dabei geht es um Reformen des vor zehn Jahren eingeleiteten Bologna-Prozesses zur Umstellung auf die europäischen Bachelor- und Master-Abschlüsse.
Für die SPD verlangte Ernst Dieter Rossmann ein Vorziehen dieses Gipfels. Die Ministerin sollte «mutig nach vorn» gehen und mit strukturellen Reformen, mehr Geld für die Hochschulen sowie einer veränderten Anerkennungspraxis den Abschied von «Schavanismus» - also vom Aussitzen bis zum Schluss - einläuten.
Die Linke-Abgeordnete Nicole Gohlke warf Schavan «Respektlosigkeit und Ignoranz» gegenüber den Studenten vor und warnte vor einem Festhalten am schwarz-gelben «Projekt Bildungssparen». Auch der Grünen-Parlamentarier Kai Gehring kritisierte die Bologna-Reformen, die offensichtlich «schief gelaufen» seien.
Die Koalition verteidigte indes die Ministerin. Es sei nicht Schavan gewesen, die den Bologna-Gipfel erst auf April gesetzt habe, sagte Monika Grütters (CDU), die auch Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses ist. Schavan sei damit einem Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz gefolgt, die erst Vorschläge erarbeiten wolle. Selbst der Wissenschaftsrat habe vor Aktionismus gewarnt. (ddp/afp)