Dresden. Der neue Parteichef Sigmar Gabriel hat seinen Vorgänger Franz Müntefering gelobt und als Vorbild gewürdigt. Bei der Verabschiedung gab es minutenlange Ovationen auf dem Dresdner SPD-Parteitag. Der neue Parteivorstand ist nun komplett.
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SPD: Neue Spitze - wie geht es weiter?
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Berührende Verabschiedung eines SPD-Urgesteins: Der neue Parteichef Sigmar Gabriel hat seinen Vorgänger Franz Müntefering am Samstag noch einmal in den höchsten Tönen gelobt und ihn als Vorbild gewürdigt. «Ein mutiger Trommler - das bist du, und das bleibst du, lieber Franz», würdigte Gabriel ihn auf dem Parteitag in Dresden. Nach minutenlangen stehenden Ovationen der rund 500 Delegierten zeigte sich Müntefering sichtlich gerührt. Der bald 70-Jährige sagte, Gabriel habe viel Gutes über ihn gesagt. Dann fügte er verschmitzt lächelnd hinzu: «Das war alles richtig.»
Zum Abschied erhielt Müntefering nicht nur rote Blumen, sondern auch ein Ölgemälde mit dem Porträt Willy Brandts geschenkt. Das Bild hing bislang in seinem Büro in der Berliner Parteizentrale. Müntefering erinnerte in seiner Abschiedsrede denn auch an seinen großen Vorgänger als SPD-Chef. Dieser habe bei seinem Abschied gesagt, neben Frieden sei Freiheit das wichtigste. «Das trifft den Kern», betonte Müntefering.
Zudem mahnte er, die SPD dürfe nie selbstzufrieden sein und sich selbst genügen. «Die SPD ist nicht da, um als Partei da zu sein, sondern dazu zu sorgen, dass Menschen menschenwürdig leben können.»
«Du hasst Stillstand»
Gabriel hatte in seiner Laudatio zuvor gesagt, Müntefering habe viel erreicht und getan. Einer seiner Wahlsprüche habe gelautet, man müsse das Leben leben, wie es sei, aber man dürfe es nicht so lassen. «Du wolltest die SPD immer nach vorn bringen», sagte Gabriel. Ein Journalist habe einmal geschrieben, Müntefering handele, während andere noch diskutierten. Ohne ihn wäre die Kanzlerschaft Gerhard Schröders früher zu Ende gegangen, meinte der neue Parteichef. Müntefering habe immer die Regierungsverantwortung angestrebt. «Das ist dein Vermächtnis, Franz», sagte Gabriel.
«Du hasst Stillstand», fuhr Gabriel in seiner Lobeshymne fort. Er könne Menschen überzeugen und mitnehmen. «Du bist ein großes Vorbild.» Glücklicherweise wolle Müntefering der Sozialdemokratie erhalten bleiben, Müntefering selbst habe gesagt - für immer. «Da wollen wir dich beim Wort nehmen», sagte Gabriel.
Auch Steinbrück verabschiedet
Der am Freitag mit großer Mehrheit gewählte neue Parteichef verabschiedete auch weitere Vorstandsmitglieder und einige frühere Bundesminister aus der engeren SPD-Spitze. Darunter waren Peer Steinbrück, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Brigitte Zypries sowie Wolfgang Tiefensee und die frühere hessische SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti.
Die SPD hat auf dem Dresdner Parteitag einen neuen Bundesvorstand gewählt. Im ersten Wahlgang der 37 Beisitzer erzielte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen am Samstag mit 423 von 475 gültigen Stimmen das mit Abstand beste Ergebnis. Als einziges bisheriges Vorstandsmitglied scheiterte die frühere DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kefer bei der Wiederwahl in die Parteiführung. Zuvor hatten der vormalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und die frühere Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner überraschend ihre Kandidatur zurückgezogen.
Bereits am Freitagabend hatten die gut 500 Delegierten die engere Parteiführung komplett ausgewechselt. Zum neuen SPD-Vorsitzenden wählten sie mit einem überraschend guten Ergebnis von 94,2 Prozent den ehemaligen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Dagegen erhielt die Parteilinke Andrea Nahles bei der Wahl zur Generalsekretärin als Nachfolgerin von Hubertus Heil nur vergleichsweise magere 69,6 Prozent.
Auch alle vier stellvertretenden SPD-Vorsitzenden wurden in Dresden neu ins Amt gewählt. Der bisherige Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, die nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Hannelore Kraft und die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, erhielten alle gute Ergebnisse zwischen 85 und 90 Prozent.
Als Schatzmeisterin wurde Barbara Hendricks im Amt bestätigt. Martin Schulz wurde zum Verantwortlichen für die Europäische Union gekürt - eine Position, die neu im SPD-Präsidium geschaffen wurde.
Maas, Stegner und Schäfer-Gümbel auf Anhieb gewählt
Unter den 29 am Samstag bereits im ersten Wahlgang gewählten Vorstandsmitgliedern sind unter anderen die Parteilinken Niels Annen, Björn Böhning und Ottmar Schreiner, die Landesvorsitzenden Heiko Maas aus dem Saarland, Thorsten Schäfer-Gümbel aus Hessen, Christoph Matschie aus Thüringen, Ralf Stegner aus Schleswig-Holstein, Florian Pronold aus Bayern und Garrelt Duin aus Niedersachsen sowie die scheidende baden-württembergische SPD-Chefin Ute Vogt. Im zweiten Wahlgang schnitt nach einer entsprechenden Empfehlung Gabriels der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats von Thyssen/Krupp, Thomas Schlenz, mit 458 Stimmen am besten ab. Die Gewerkschafterin Engelen-Kefer scheiterte mit nur 133 Stimmen.
Nicht mehr angetreten sind unter anderem die ehemalige hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti, der Umweltpolitiker Hermann Scheer, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse sowie die bisherigen Bundesministerinnen Ulla Schmidt (Gesundheit), Heidemarie Wieczorek-Zeul (Entwicklung) und Brigitte Zypries (Justiz). Aber auch der bisherige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sowie von seinen Stellvertretern Exfinanzminister Peer Steinbrück und der jetzige Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier stellten sich nicht mehr zur Wahl. Auf eine Kandidatur verzichtete auch die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel, die aber ebenso wie Steinmeier kraft Amtes ohnehin an den Sitzungen des SPD-Vorstands teilnimmt. (ap)