Essen. Kunden der Billigmodekette Primark finden in Klamotten eingenähte Zettel mit Hilferufen, die angeblich von ausgebeuteten Arbeiterinnen aus Asien stammen. Sofort bricht ein Aufschrei der Empörung los und Primark verspricht eilig Aufklärung. Wie scheinheilig und verlogen! Ein Kommentar.
Asiatische Textilarbeiterinnen und -arbeiter schuften unter menschenunwürdigen Bedingungen und für unfassbar wenig Geld. Das muss hier einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden, denn anscheinend war es vielen nicht bekannt.
Nur so lässt sich die Aufregung um die Botschaften erklären, die Primark-Kunden in Großbritannien in ihren bei Primark gekauften Kleidern gefunden haben. Die Hilferufe, angeblich verfasst von Arbeitern in asiatischen Fabriken, veranlassen europäische Verbraucher dutzendfach dazu, der Billigkette mit Boykott zu drohen. Primark verspricht eilends Aufklärung, als würden sie zum ersten Mal davon hören.
Auch die Verbraucher wissen um das Elend der Arbeiterinnen
Das ist scheinheilig und verlogen - und zwar von beiden Seiten. Die Primark-Verantwortlichen wissen ganz genau, unter welchen Umständen sie ihre Klamotten herstellen lassen. Und die Verbraucher, die bei Primark einkaufen, wissen das auch.
Und sie kaufen die Klamotten trotzdem. Manche können sich fair gehandelte Kleidung vielleicht nicht leisten, andere scheuen den Aufwand, den ethisch-korrektes Klamotten-Shoppen mit sich bringt. Wieder andere zweifeln an der Glaubwürdigkeit von Fair-Trade-Labeln oder geben zu, dass ihnen andere Probleme nähergehen.
Die Überraschung ist geheuchelt
Welche Gründe auch immer ins Feld geführt werden: Sie sind ehrlicher als die geheuchelte Überraschung derer, die angeblich erst jetzt vom Elend asiatischer Textilarbeiterinnen erfahren haben wollen. Ihnen muss man wohl noch ein paar andere unangenehme Nachrichten überbringen:
Schweine, deren Schnitzel zum Kilopreis von fünf Euro beim Discounter verkauft wird, hatten kein glückliches Leben. Wer raucht, riskiert nicht nur seine Gesundheit, sondern macht auch die krank, die den Qualm einatmen. Und Auto-Abgase vergrößern das Ozonloch. Das wird sie bestimmt auch überraschen.