Essen. Lieber mal die Klappe halten! Das würde man sich von jenen wünschen, die scheinbar genau gewissen, was in Dortmund passiert ist. Schön wär´s.
„Elf Polizisten. Ein Junge. Einer ballert mit einer Maschinenpistole los. Mit einer Maschinenpistole. Was gibt es da zu verteidigen?“ Man muss nicht lange suchen in den „sozialen Medien“, um solche polizeikritischen Kommentare zu den Todesschüssen in Dortmund zu finden. Dabei ist das oben zitierte Beispiel noch harmlos. In vielen Chats und auch auf den Demonstrationen durch Dortmund wird die Polizei übelst geschmäht und beleidigt. Hier die vermeintlich übermächtige Staatsgewalt, die immer wieder in Verdacht steht, dass es in ihren Reihen nicht wenige Beamte mit ultrarechter Gesinnung gibt – dort ein aus dem Senegal stammender 16-Jähriger, der „nur“ ein Messer in der Hand hatte, niedergestreckt durch fünf Kugeln aus einer Maschinenpistole. Da wird schnell eins und eins zusammengezählt, und die Sache ist scheinbar klar. „Was gibt es da zu verteidigen?“
Eine ganze Menge!
Natürlich stellen sich gewichtige Fragen. Die wichtigste Frage ist, warum sechs Schüsse aus einer Maschinenpistole abgegeben werden mussten, nachdem bereits ein Pfefferspray und ein Taser zum Einsatz gekommen waren. Warum konnte die Situation nicht rechtzeitig entschärft werden? Warum musste dieser Polizeieinsatz so tragisch enden? Hier ist nun eine umfassende, transparente Ermittlungsarbeit nötig. Der politische Druck, um das sicherzustellen, ist bereits groß und steigt weiter an.
Rumbrüllen statt in Ruhe zu argumentieren
Doch in bestimmten politischen Kreisen mag man auf die Antworten erst gar nicht warten. Aus einer trüben Mischung aus ersten Fakten, Gerüchten, Halbwissen, ideologischer Scheuklappen und Plausibilitätsschlüssen, die im Gewand von Gewissheiten daherkommen, aber keinerlei Beweiskraft haben, entsteht eine unerträgliche Vorverurteilung. Selbst intelligente Menschen, die sich sonst der Wahrheit verpflichtet fühlen, gießen mit Spekulationen und rhetorischen Fragen Öl ins Feuer, statt in Ruhe abzuwarten, bis weitere belastbare Fakten auf den Tisch kommen. Aber Geduld und Ruhe und Fairness und Respekt – das alles vermisst man ja schon lange in diesem Land, wenn mal wieder „heiß diskutiert“, oder treffender: rumgebrüllt wird.
Elf Polizisten, ein Junge, und einer ballert los? Nein, wer nicht dabei war, wer die genauen Umstände nicht kennt, der sollte sich besser zurückhalten und seine Energie dafür einsetzen, dass alles auf den Tisch kommt. Dazu gehört auch eine schnelle Antwort auf die berechtige Frage, wie schlau es ist, dass das Polizeipräsidium Recklinghausen gegen die Dortmunder Polizei ermittelt, die ihrerseits Beamte aus Recklinghausen in einem anderen Fall unter die Lupe nehmen soll, in dem es ebenfalls zu einem tödlichen Einsatz kam.
Auf dem Spiel steht das Ansehen, steht die Autorität aller Polizeibeamten. Sie haben es schon schwer genug.